Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat sich am Freitag zum ersten Mal seit Ausbruch des Gaza-Kriegs am 7. Oktober an die Öffentlichkeit gewandt. Nasrallah drohte mit einer noch größeren Beteiligung seiner Bewegung im Libanon am Krieg mit Israel. "Alle Optionen sind auf dem Tisch", sagte Nasrallah in einer Rede. "Alle Möglichkeiten an unseren libanesischen Fronten sind in Reichweite." Eine Eskalation hänge vom Verlauf des Kriegs im Gazastreifen ab sowie von Israels Verhalten gegenüber dem Libanon. Die Interessen und Soldaten der USA – der wichtigste Verbündete Israels – würden im Fall eines regionalen Kriegs Opfer und größte Verlierer solch einer Eskalation sein.
Er fügte an, die Operation "Al-Aksa-Flut war zu hundert Prozent palästinensisch" geplant. Die Operation sei vor der "Achse des Widerstands" geheimgehalten worden. "Die Tatsache, dass niemand davon wusste, beweist, dass diese Schlacht ausschließlich palästinensischer Natur ist", sagte Nasrallah.
Ein Sieg der islamistischen Hamas im Gazastreifen über Israel ist nach Worten Nasrallahs auch im Interesse arabischer Nachbarländer. "Der Sieg Gazas heute liegt auch im nationalen Interesse Ägyptens, Jordaniens und Syriens", sagte Nasrallah in einer Rede.
Vor allem liege ein Sieg der Hamas "im nationalen Interesse des Libanons". Israel bedrohe den Libanon und dessen Volk. Die beiden Ziele im Krieg seien jetzt ein "Ende der Aggression" sowie ein Sieg für den "palästinensischen Widerstand" und der im Gazastreifen herrschenden Hamas, sagte der Hisbollah-Chef.
Libanon: Tausende verfolgen Rede des Hisbollah-Chefs
Nasrallah warf den USA vor, die alleinige Verantwortung für den anhaltenden Gaza-Krieg zu tragen. Israel sei nur ein "ausführendes Instrument", sagte Nasrallah. Die USA seien der "große Teufel", so der Hisbollah-Chef. "Die USA sind die Hauptverantwortlichen für alle Massaker, von Hiroshima über Vietnam bis Afghanistan", sagte er. "Sie müssen den Preis für ihre Aggression zahlen."
Nasrallah warnt in seiner Rede vor einer "großen Schlacht" an der Grenze des Libanons zu Israel. Die Gefechte zwischen der Hisbollah-Miliz und dem israelischen Militär hätten Einfluss, sagte er. Es sei eine "realistische Möglichkeit", dass sich die "libanesische Front in eine große Schlacht" verwandele. "Manche mögen das, was an unserer Front passiert, als gemäßigt empfinden, aber wir werden uns nicht damit zufrieden geben", so Nasrallah.

Sehen Sie im Video: Angst vor Eskalation an Grenze zum Libanon: Israelischer Soldat zur Hibollah-Miliz.
Der Hisbollah-Generalsekretär wandte sich per Video-Botschaft an seine Anhänger. Im gesamten Land gab es Versammlungen, um die Rede gemeinsam zu hören. Allein im südlichen Vorort Beiruts versammelten sich Tausende Anhänger der Schiitenorganisation mit wehenden Hisbollah- und Palästina-Flaggen oder Bildern des Generalsekretärs. Sie riefen "Gott segne Nasrallah".
US-Außenminister Antony Blinken warnt den Iran und die Hisbollah im Libanon davor, eine weitere Front im Konflikt zwischen Israel und der islamistischen Hamas zu öffnen. "Wir setzen uns dafür ein, Aggressionen von jedweder Seite abzuschrecken", sagte er am Freitag bei einem Besuch in Israel. Er verwies auch auf die Stationierung mehrerer Kriegsschiffe im östlichen Mittelmeer. Ob die USA im Falle der Eröffnung einer zweiten Front auch selbst in den Konflikt eingreifen werden, sagte er nicht.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock warnt die schiitische Hisbollah im Libanon vor einem großangelegten Angriff auf Israel. Auch die Menschen im Libanon wollten nur in Frieden leben und keine weitere Eskalation in der Region, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Treffen mit ihrem armenischen Kollegen Ararat Mirsojan in der Hauptstadt Eriwan. Sie ergänzte: "Deswegen ist es so unglaublich wichtig, dass alle Akteure gemeinsam dafür sorgen, dass ein Flächenbrand in der Region verhindert wird."