Nach der Eroberung einer wichtigen Großstadt im westsudanesischen Darfur sind Zehntausende Menschen vor der Gewalt einer Miliz in ein nahegelegenes Flüchtlingslager geflohen. Dem UN-Flüchtlingswerk zufolge sind mehr als 26.000 Menschen in dem rund 60 Kilometer von der eroberten Stadt Al-Faschir entfernten Lager angekommen. "Die Neuankömmlinge berichten von gefährlichen (Flucht-)Bewegungen und schrecklichen Misshandlungen", schrieb UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi auf der Online-Plattform X.
Einer UNHCR-Vertreterin zufolge berichteten die Flüchtenden aus Al-Faschir von willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen von Menschen mit Behinderungen. Andere seien bei der Flucht erschossen worden. Viele seien zurückgeblieben, weil sie nicht in der Lage oder zu schwach seien, zu fliehen, sagte Jacqueline Wilma Parlevliet, Leiterin der UNHCR-Außenstelle im Sudan.
Schwere Gewalt - oder Hunger und Cholera
Den vorher bis zu 300.000 Einwohnern der Stadt, die seit anderthalb Jahren von der RSF-Miliz belagert war, drohten Folter in Haft, Plünderungen, Erpressung, Vergewaltigungen und die Rekrutierung von Kindern für bewaffnete Gruppen.
Im Lager Tawila war die Situation bereits zuvor gravierend. Bis zum Sommer waren binnen weniger Monate rund 400.000 Menschen etwa aus anderen von der RSF-Miliz eroberten Lagern dorthin geflohen. Nach Angaben von Hilfsorganisationen fehlt es an sicherem Trinkwasser und Essen ebenso wie Latrinen. Mittlerweile breiten sich Krankheiten wie Cholera aus.
Im Sudan herrscht seit April 2023 ein brutaler Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Beobachter befürchten eine dauerhafte Spaltung des Landes. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 26 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, sind von Hunger bedroht.