Also gut, dann bleiben sie halt weg, die Ausländer mit ihrer Wirtschaftskrise! Aber was soll´s, dann wird halt kein neues Taxi gekauft. Der schwarzgelbe Fiat, Baujahr 1968, tut es auch noch, spotzend und klappernd. Natürlich, die schönen Kommissionen werden weniger, wenn die Gäste vom Hotel nicht mehr überzeugt werden können, unbedingt auf der Fahrt zum "Gate of India" einen Zwischenstopp in Achmeds Kaschmir-Laden einlegen zu müssen: "Dort gibt es die schönsten Pashmina-Schals von Mumbai. Und sehr preisgünstig, Madam!" Und der Scheich aus Doha, der alte Geizkragen, der bei seinen Mumbai-Touren aus Sparsamkeitsgründen schon immer Taxis ohne Air Condition fährt, sogar ins Nuttenviertel, gibt jetzt gar kein Trinkgeld mehr. Bedauerlich. Aber keine Katastrophe.
Denn wenn jetzt das Geschäft wegen der globalen Krise noch spärlicher wird als sonst in den Hitzemonaten vor dem Monsun und es sich einfach nicht mehr lohnt vor den Ausländer-Hotels stundenlang zu warten, dann halt nichts wie ab aus Mumbai. Ab in die Heimat am Fuß des Himalaya. Zum finanziellen Überwintern im Hochsommer.
Reis und Linsen gibt es immer
Klar, dort verdiene ich nichts. Aber dort sind meine Felder, dort steht mein Haus, dort leben meine Brüder, Cousins, Onkel, Schwager und meine alte Mutter. Reis und Linsen gibt es immer und ein Hammel-Kebab am Freitag können wir uns auch noch leisten. Mit meinen Brüdern, Cousins, Onkeln, Schwagern und dem ältesten Sohn bauen wir dann noch zwei Zimmer an unser Haus, denn mein Sohn wird bald heiraten und dann braucht auch er ein Sommer-Domizil in der Heimat. Eigentlich wohnt er ja ebenfalls in Mumbai. Dort repariert er Mobil-Telefone und das ist in Indien selbst in Krisenzeiten ein sicheres Geschäft, wo doch inzwischen fast die Hälfte aller Inder ein Handy hat. Da geht immer was kaputt.
Meine Frau habe ich schon vorausgeschickt auf die Felder zur Weizenaussaat, der Reis ist schon durch. Mit der Ernte schaut es gut aus, gut genug auf jeden Fall, um uns über die mageren Taxi-Monate zu bringen. Subsistenz-Wirtschaft heißt das, glaube ich, und die Whities, äh, die Ausländer, die ich fahre, können sich gar nicht vorstellen, dass man vom eigenen Acker leben kann, geschweige denn, ihn zu bestellen. Ha, wenn ich mir da den Banker aus Austria ausmale, den mit der schweinsledernen Aktentasche, wie würde der eine Sichel halten? Wahrscheinlich an der Schneide.
Das Taxi in Mumbai kann warten
Aber der kommt ja jetzt auch nicht mehr, seine Bank hat sich bei den Russen und den Rumänen verspekuliert, wie man hört. Das finde ich traurig, schließlich war er ein guter Kunde. Doch umwerfen tut es mich nicht. Ich buche lieber schon den Express in die Heimat und hoffe auf den Herbst. Da bin ich dann wieder zurück und so Allah will, springt die Konjunktur an und dann kommen auch die Ausländer wieder. Sollte Allah das noch nicht wollen, bleibe ich halt auch über den Winter in meiner Heimat. Wie gesagt, Linsen, Reis und Naan-Brot gibt es immer. Und mein Taxi in Mumbai kann warten.