Die wirren Forderungen der rebellierenden Militärs in Peru lesen sich wie ein Auszug aus dem Grundsatzprogramm eines Terrorregimes. Und dennoch fallen sie in Peru auf fruchtbaren Boden. Die "Bewegung der Etnocaceristas" unter Führung der Brüder Ollanto und Antauro Humala wollen das Inkareich des 15. Jahrhunderts mit den Indios als herrschender Rasse wiedererrichten, korrupte Politiker und Militärs an die Wand stellen und ausländische Investoren enteignen und aburteilen. Die Rebellen berufen sich auf den peruanischen General Andrés Avelino Càceres, der im 19. Jahrhundert als Partisan in den südlichen Anden die Chilenen bekämpfte.
Gegnern droht die Todesstraße
Die Bewegung gibt sich nationalistisch und sozialistisch, schürt den Hass auf die chilenischen Nachbarn im Süden sowie auf Homosexuelle und droht allen Gegnern mit der Todesstrafe. Urheber dieser rassistischen Ideologie, in der Demokratie, Menschenrechte und Toleranz Fremdwörter sind, ist der Vater der Brüder, Isaac Humala. Die Weißen sollten im Norden leben, die Gelben in Asien, die Schwarzen in Afrika und die "Kupferfarbenen" in Südamerika, lautet seine simple Weltsicht. Wer nicht dort lebe, wo er gemäß seiner Hautfarbe hingehöre, müsse eben abgeschoben werden.
Die verqueren Forderungen der selbst ernannten Inka-Rebellen gelten jedoch dennoch als brandgefährlich, weil sie Themen aufgreifen, die vielen Peruanern seit langem schwer im Magen liegen. Die Korruption blüht wie eh und jeh, gut die Hälfte aller Bürger lebt in bitterer Armut, ausländisches Kapital kontrolliert einen erheblichen Teil der Volkswirtschaft und die politische Führung unter Präsident Alejandro Toledo quält sich von Skandal zu Skandal. Die Bevölkerungsmehrheit der Indios ist in den oberen Machtetagen kaum vertreten.
Im Rausch der Allmacht
Als Antauro Humala am Samstag mit etwa 150 bewaffneten Gefolgsleuten in die Stadt Andahuaylas in den Hochanden 400 Kilometer südöstlich von Lima einmarschierte und die örtliche Polizeiwache besetzte, schlug den so genannten Etnocaceristas denn auch die spontane Sympathie der etwa 30.000 Einwohner entgegen. Und auch in anderen Städten des verarmten Hinterlandes kam es zu Demonstrationen für die Aufständischen.
Rebellionen gegen die staatliche Autorität können in fast allen Ländern Lateinamerikas mit spontanem Beifall rechnen, weil sie das allgemeine Gefühl der Ohnmacht zumindest für einen kleinen Augenblick in einen Rausch der Allmacht verkehren.
Peruanischer Präsident steht auf der Todeliste
Gerne vergleichen sich die Brüder Humala mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, preisen die linken Rebellen in Kolumbien und zeigen sich solidarisch mit den Koka-Bauern in Bolivien. Noch ist die Zahl ihrer aktiven Anhänger klein. Das Versagen der regierenden Politiker aber könnte ihnen in Zukunft unverhofft mehr Zulauf bescheren.
Der amtierende Präsident Toledo dümpelt seit Jahren in Umfragen bei Sympathiewerten unter zehn Prozent. Er könne sich nur halten, weil keiner seiner Gegner an dem schwierigen Amt Interesse habe, sagen politische Beobachter in Lima. Auf der Todesliste der Etnocaceristas steht Toledo ganz oben. Dabei müsste er eigentlich ihr Held sein. Er ist der erste Staatschef in der Geschichte Perus, der von Indios abstammt.