Iran "Selbst junge Mädchen wurden geschlagen"

Die seit Tagen andauernden Ausschreitungen in der iranischen Hauptstadt haben sich ausgeweitet. Sicherheitskräfte und Anhänger von Ayatollah Chamenei setzten Tränengas und Schlagstöcke gegen Demonstranten ein. Die Wut richtet sich gegen den Klerus.

In der iranischen Hauptstadt Teheran sind am Samstag hunderte Mitglieder radikal-islamischer Milizen gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen, die gegen die geistlichen Machthaber des Landes protestierten.

Es war der schwerste Gewaltausbruch seit Beginn der Demonstrationen gegen den mächtigen islamischen Klerus im Iran Anfang der Woche. Die Milizionäre zogen junge Leute aus Autos und schlugen mit Stöcken auf diese ein, wie Augenzeugen berichteten. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Zudem seien Demonstranten festgenommen worden. Rund um das Universitätsgelände, dem Mittelpunkt der jüngsten Proteste, errichteten die Milizionäre Kontrollpunkte.

"Tod Chamenei"

Ein Reuters-Korrespondent sah, wie mehr als hundert Milizionäre eine Gruppe von ein paar Dutzend Studenten attackierte, die mit Blick auf das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, "Tod Chamenei" riefen. Die Angreifer waren mit Schlagstöcken und Ketten bewaffnet. Einige trugen Kalaschnikow-Gewehre. Schüsse waren zu hören. Ein anderer Reuters-Korrespondent sah wie ein Jugendlicher mit blutigem Gesicht in Handschellen abgeführt wurde. Ein Minibus stand in der Nähe, der voller Festgenommener war.

Ein Fotograf berichtete, die Milizionäre zogen junge Leute aus Autos und schlugen sie mit Fäusten und Stöcken. "Selbst junge Mädchen wurden geschlagen." Er selbst habe mindestens zehn Verletzte gesehen, sagte der Fotograf. Ein Mann habe eine Messerstichwunde gehabt. Ein in den USA ansässiger Fernsehsender von Exil-Iranern berichtete von Zusammenstößen auch in der zentral-iranischen Stadt Isfahan.

Die US-Regierung hatte die jüngsten Proteste im Iran begrüßt, an denen sich in den vergangenen Tagen bis zu 3000 Menschen beteiligt hatten. Die USA haben erklärt, den Reformwillen des iranischen Volkes unterstützen zu wollen. Sie werfen der iranischen Regierung vor, nach Atomwaffen zu streben und Terroristen zu unterstützen. Der Iran wies dies zurück. Chamenei machte die USA für die Proteste verantwortlich.

Wut gegen den Klerus

Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen den konservativen Klerus wie auch gegen die reformorientierte Regierung. Viele Iraner haben den Glauben daran verloren, dass Präsident Mohammad Chatami seine angekündigten Reformen in der islamischen Republik durchsetzen kann. Im Iran kontrollieren seit der islamischen Revolution 1979 konservative Geistliche unter anderem Justiz und Armee. Sie blockieren die Reformen, die Chatami und eine Mehrheit im Parlament anstreben.

Jon Hemming

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