Japan Koizumi lässt Parlament neu wählen

Regierungskrise in Japan: Weil das Parlament gegen einen zentralen Reformpunkt der Regierung gestimmt hat, der Privatisierung der Postbank, hat Ministerpräsident Koizumi nun Neuwahlen ausgerufen.

Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi will nach dem Scheitern seiner Postreform im Oberhaus das Parlament neu wählen lassen. Wie japanische Medien am Montag berichteten, setzte Koizumi in Absprache mit dem Koalitionspartner Komeito die Unterhaus-Neuwahl auf den 11. September an. Die Privatisierung der Post, die die größte Privatbank der Welt hervorbringen sollte, war zuvor mit etlichen Stimmen aus seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) im Oberhaus gescheitert.

Dem Sender NHK zufolge stimmten 22 LDP-Abgeordnete gegen die Privatisierung. Die Opposition stellte danach einen Misstrauensantrag gegen Koizumis Regierung. Das Oberhaus hatte zuvor mit 125 gegen 108 Stimmen die Postreform abgelehnt. Auch LDP-Abgeordnete sagten, die Reform werde zu einer Verschlechterung des Postdienstes in ländlichen Gegenden und Entlassungen führen. Das Unterhaus hatte der Privatisierung im vergangenen Monat mit knapper Mehrheit zugestimmt.

Die federführend von Wirtschaftsminister Heizo Takenaka entworfene Reform sollte die größte Privatbank der Welt schaffen: Bei der Post sind in Spareinlagen und Versicherungsgeschäften 330 Billionen Yen (2,4 Billionen Euro) deponiert. Die Bank finanzierte der seit 50 Jahren fast ununterbrochen regierenden LDP in der Vergangenheit zahlreiche öffentliche Bauprojekte. Zudem sind unter den 400.000 Mitarbeitern der Post zahlreiche LDP-Anhänger. Viele Liberaldemokraten fürchten nun um die Machtbasis der Partei.

Takenaka bezeichnete die Ablehnung als "großen Schlag gegen Japans Zukunft und Wirtschaft". Kabinettsekretär Hiroyuki Hosoda sagte, Koizumi sei als Ministerpräsident angetreten, um Japan zu reformieren. "Falls dies nicht von Abgeordneten verstanden wird, gibt es keine andere Möglichkeit, als das Urteil des Volkes einzuholen", sagte er. Bei der Postreform handele es sich zudem um ein Wahlversprechen. Koizumi warb seit zehn Jahren für eine Postreform.

Unnormal, den Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten vorzuschreiben

Die Opposition kritisierte Koizumis Alternative der Zustimmung oder Neuwahl. "Es ist extrem unnormal, Abgeordneten zu sagen, ihr stimmt entweder für das Gesetz oder das Parlament wird aufgelöst", sagte der Generalsekretär der Demokratischen Partei, Tatsuo Kawabata. "Wir haben für einen Regierungswechsel geworben; es wird also gut sein, den öffentlichen Auftrag zu testen", fügte er hinzu.

Die Auseinandersetzung könnte die politische Landkarte Japans verändern, in der die LDP seit dem Zweiten Weltkrieg mit Ausnahme der Jahre 1993 und 1994 die Regierung stellte. Einer der Führer des LDP-Widerstands gegen die Postreform, Shizuka Kamei, schloss bereits am Sonntag nicht aus, dass der Streit die LDP zum zweiten Mal in die Opposition zwingen könnte.

AP
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