Das "Wall Street Journal" ist wegen der Veröffentlichung eines "sexistischen" Meinungsbeitrags in die Kritik geraten, in dem der Autor wortreich durchbuchstabiert, warum die künftige First Lady Jill Biden, 69, ihren Doktortitel nicht vor ihrem Namen führen sollte.
Der Verfasser Joseph Epstein, ein ehemaliger Universitäts-Professor, will Biden in seinem Artikel "ein bisschen Rat" geben. Er beginnt den Beitrag mit den provokanten Zeilen "Madame First Lady—Mrs. Biden—Jill—kiddo", das Wort "kiddo" lässt sich als "Kindchen" übersetzen. "Dr. Jill Biden hört sich und fühlt sich betrügerisch an", sogar einen Hauch komisch, schreibt Epstein. Er argumentiert unter anderem, dass Biden einen "Ed D" (Doctor of Education) in Erziehungswissenschaften erworben habe, als wäre das kein Verdienst, und mit einer Dissertation, deren Titel "nicht vielversprechend" sei.
Der Meinungsbeitrag wird als herabwürdigend und sexistisch kritisiert und hat für Empörung und Unverständnis gesorgt, unter anderem bei der künftigen First Lady selbst. "Gemeinsam werden wir eine Welt aufbauen, in der die Leistungen unserer Töchter gefeiert und nicht geschmälert werden", schrieb Biden nach der Veröffentlichung des Textes.
"Ihr Name ist Dr. Jill Biden. Gewöhnt euch dran."
Elizabeth Alexander, die Kommunikationschefin der künftigen First Lady, nannte den Artikel "sexistisch und beschämend". Michael LaRosa, Sprecher von Jill Biden, verlangte für die "widerwärtige Darstellung von Chauvinismus" eine Entschuldigung und meint, die Zeitung solle sich für den Abdruck "der widerwärtigen und sexistischen Attacke" schämen.
Der Verantwortliche für die Meinungsbeiträge des "Wall Street Journal", Paul A. Gigot, verteidigte am Sonntagabend (Ortszeit) die Veröffentlichung in einem eigenen Meinungsbeitrag. Die Kritik an dem Artikel sei "überzogen", so Gigot. Er beschuldigte das Biden-Lager, die Angelegenheit zu politisieren.
Nicht nur das Biden-Lager äußerte Kritik. Bernice King, die Tochter des Bürgerrechtlers Dr. Martin Luther King, schrieb an Jill Biden adressiert: "Mein Vater war kein Arzt. Und von seiner Arbeit hat die Menschheit sehr profitiert. Von ihrer auch." King erwarb seinen Doktortitel in der Theologie. Hillary Clinton, einst First Lady und Präsidentschaftskanidatin der Demokraten, schrieb auf Twitter: "Ihr Name ist Dr. Jill Biden. Gewöhnt euch dran."