Hunderttausende Zivilisten sind im Nordwesten Pakistans auf der Flucht vor Kämpfen zwischen pakistanischen Sicherheitskräften und den Taliban. Das Welternährungsprogramm (WFP) rechnete am Dienstag mit 600.000 bedürftigen Menschen in der Region, während örtliche Behördenvertreter die Zahl der Vertriebenen auf bis zu eine Million schätzten. Die pakistanische Armee startete am Dienstag eine neue Offensive.
Regierungsvertreter aus der pakistanischen Nordwest-Grenzprovinz baten die internationale Gemeinschaft bei einem Treffen mit Geberländern und humanitären Organisationen in Genf eindringlich um Notfallhilfen. Pakistan bekomme viele Hilfszusagen für Polizei und Armee, doch die Zivilisten erhielten nicht die notwendige Unterstützung, beklagte die Sozialministerin der Provinz, Sitara Ayaz, nach dem zweitägigen Krisentreffen in der Schweiz.
Über die genaue Zahl der Vertriebenen im Nordwesten Pakistans herrschte Unklarheit. In Genf sprachen Vertreter der örtlichen pakistanischen Behörden von bis zu einer Million Menschen auf der Flucht. Die große Mehrheit von ihnen sei bei Freunden oder Verwandten untergekommen. Manchmal lebten bis zu sechs Familien in einem Haus, hieß es. Das WFP ging laut einer Sprecherin davon aus, dass 600.000 Menschen auf Lebensmittelhilfen angewiesen sind.
Der Informationsminister der Nordwest-Grenzprovinz, Mian Iftikhar Hussain, teilte am Dienstag mit, bis zu 30.000 Menschen hätten in den vergangenen Tagen das Gebiet um Maidan im Bezirk Lower Dir verlassen. Für die Flüchtlinge würden Vorkehrungen getroffen, um sie in den Bezirken Peshawar, Nowshera und Timargarah aufzunehmen.
Nach massivem Druck aus den USA hatte die pakistanische Armee am Sonntag mit Luftunterstützung eine Offensive gegen vorrückende Taliban-Kämpfer in der dem Swat-Tal benachbarten Region Malakand begonnen. Bei den nach Armeeangaben inzwischen beendeten Kämpfen wurden 75 Aufständische und zehn Sicherheitskräfte getötet. Das Swat-Tal ist eine Hochburg der wieder erstarkten islamistischen Taliban. Im Februar hatten die Taliban mit der Regierung der Nordwest-Grenzprovinz einen Waffenstillstand ausgehandelt - im Gegenzug für die Erlaubnis zur Einführung des islamischen Rechts in der Region.
Am Dienstag startete die pakistanische Armee einen weiteren Vorstoß im nordwestlichen Bezirk Buner, den die Taliban in der vergangenen Woche mehrere Tage besetzt hatten. Wie ein Armeesprecher in Islamabad mitteilte, drangen Bodentruppen mit Luftunterstützung in die Gegend ein, um die bis zu 500 verbleibenden Rebellen zu vertreiben. Der Distrikt liegt nur 100 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt. Bewaffnete Taliban-Kämpfer aus dem Swat-Tal hatten in Buner Kontrollpunkte errichtet und Moscheen besetzt, ehe sie am vergangenen Freitag wieder mit dem Rückzug begannen.