Kapo-Vergleich Silvio Berlusconi - einfach peinlich

Schon vor dem Wechsel der EU-Ratspräsidentschaft sah sich der italienische Ministerpräsident internationaler Kritik ausgesetzt. Nach dem Eklat im Europaparlament steht Silvio Berlusconi auch in den eigenen Reihen unter Beschuss.

Schon vor dem Wechsel der EU-Ratspräsidentschaft sah sich der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi deutlicher Kritik der internationalen Presse ausgesetzt. Nach dem Eklat im Europaparlament steht Berlusconi auch innenpolitisch unter Beschuss - sogar in den eigenen Reihen. Selbst sein Koalitionspartner, der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini, distanzierte sich von den KZ-Äußerungen des Regierungschefs. Und viele Italiener sind schlicht fassungslos.

Unverständnis bei politischen Freunden

Marco Follini, Vorsitzender von Berlusconis christlich-demokratischem Koalitionspartner UDC, erklärte: "Ich teile seine Meinung nicht, und ich muss mich wirklich sehr bemühen, sie zu verstehen." Berlusconi hatte am Mittwoch bei seinem ersten Auftritt als EU-Ratsvorsitzender im Europaparlament zum sozialdemokratischen Fraktionsvize Martin Schulz gesagt, er wolle ihn für die Rolle eines KZ-Aufsehers in einem italienischen Film vorschlagen, dafür sei er "perfekt geeignet". Schulz hatte Berlusconi zuvor kritisiert.

Kritik an " Starrköpfigkeit"

"Keine noch so aufrührerische Anschuldigung kann den Schimpfnamen Kapo in einem KZ für einen politischen Gegner entschuldigen", sagte Fini von der aus den Neofaschisten hervorgegangenen Nationalen Allianz. "Ich kann das zwar menschlich nachvollziehen, aber ich teile nicht die Starrköpfigkeit, mit der Berlusconi auf seinen Worten beharrt."

Einen Tag nach einem Telefonat mit Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte Berlusconi am Freitag, er habe sich nicht für seinen Einwurf entschuldigt. Vielmehr habe er sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass seine scherzhaft gemeinten Worte missverstanden worden seien.

Äußerungen nur ein Scherz

"Jeder Italiener muss verstanden haben, dass diese Äußerungen nur ein Scherz waren", sagte auch Dario Rivolta, außenpolitischer Sprecher von Berlusconis Partei Forza Italia. Der Regierungschef habe keine Ahnung gehabt, dass die Deutschen noch so sensibel auf ihre Vergangenheit reagieren. Er sei erleichtert, dass mit dem Telefonat zwischen Berlusconi und Schröder alles bereinigt sei. "Aber ich bin auch froh, dass sich Berlusconi nicht direkt bei Schulz entschuldigt hat, der nur ein allgemeines Vorurteil nachgeplappert hat."

KZ-Vergleich habe dem Ansehen Italiens geschadet

Die italienische Bevölkerung dagegen hat den Eklat noch nicht verdaut. Für Luciano Contenta gibt es keine Entschuldigung für das Verhalten des Regierungschefs: "Wie peinlich!" sagt der 39-jährige Techniker über Berlusconis Reaktion auf die Kritik von Schulz. "Mag sein, dass dieser Zwischenfall von der italienischen Opposition vorbereitet war, wie Berlusconi vermutet hat, aber er hat mich schlicht enttäuscht", sagt Contenta. "Ich dachte er ist ein Mann von Welt, der mit Kritik umgehen kann."

Carlo Lupori war zunächst sprachlos. "Jedes Kind weiß doch, dass der Nationalsozialismus eine empfindliche Stelle der Deutschen ist", sagt der 31-jährige Kellner. "So eine Reaktion ist unentschuldbar."

Einer Umfrage der Tageszeitung "La Repubblica" zufolge sind 63 Prozent der Italiener der Meinung, Berlusconi habe mit dem KZ-Vergleich dem Ansehen Italiens geschadet. Nur knapp ein Viertel glaubt, der Zwischenfall habe keinerlei Auswirkungen auf das Ansehen des Landes. "Ich hoffe nur, dass Gras über die Sache wächst", sagt Lupori. "Ich wollte diesen Sommer nach Berlin fahren und habe keine Lust, schief angesehen zu werden."