Libyen-Besuch Sarkozys Atom-Deal sorgt für Zündstoff

Der Atom-Deal des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy mit Libyens Staatschef Gadaffi hat in Deutschland viel Kritik hervorgerufen. Die SPD würde dem Wüstenstaat lieber beim Einsatz erneuerbarer Energie helfen.

Die geplante Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Libyen auf dem Atomsektor ist auf Unverständnis bei deutschen Politikern gestoßen. "Politisch ist dieses Geschäft problematisch", sagte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Gernot Erler. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy Aktionismus vor.

Wegen des Konzerns Siemens seien auch deutsche Interessen direkt mit betroffen, sagte Erler. Weil beim Export von Atomtechnik europäische Sicherheitsinteressen berührt sein könnten, forderte er zudem eine Konsultation der deutschen und der französischen Regierung. Der SPD-Politiker warf der französischen Regierung einem Medienbericht zufolge vor, mit dem Abkommen gegen deutsche Interessen zu agieren.

Parteiübergreifende Kritik

Libyen sei ein Land, bei dem sich der Einsatz erneuerbarer Energien anbiete. "Deutschland hat Libyen auch bereits entsprechende Angebote gemacht, auf die es bisher nicht reagiert hat", wurde Erler zitiert. Der Staatssekretär sagte, mit jedem Land, das die Atomenergie nutze, erhöhe man das Risiko der unkontrollierten Weitergabe von Atomtechnik. Die Bundesregierung wolle die französischen Exportanstrengungen im Nuklearsektor aufmerksam verfolgen, weil sich auch arabische Staaten dafür interessierten.

Bütikofer erklärte einem Zeitungsbericht zufolge, "was Präsident Sarkozy an den Tag legt, ist rücksichtsloser, nationalistisch gefärbter Aktionismus". "Ich würde mich nicht wundern, wenn er sich bald auch noch hinstellt und sagt: Gaddafi ist ein lupenreiner Demokrat." Der Griff nach Atomwaffen werde mit dem Abkommen erleichtert.

Auch der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer monierte, eine Neudefinition des europäischen Verhältnisses zu Libyen sei "keine Privatsache der Sarkozys". Eine Frage, die einen Richtungswechsel in der europäischen Außenpolitik bedeute, gehöre in einen intensiven europäischen Abstimmungsprozess. Hoyer gestand Libyen zwar ein Recht auf die zivile Nutzung der Atomenergie zu, gab aber zu bedenken, es wäre "fahrlässig zu glauben, dass sich das Regime Gaddafi jetzt über Nacht fundamental gewandelt haben könnte".

Weisskirchen für pragmatischen Umgang mit Libyen

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, sagte einem Zeitungsbericht zufolge, Libyen habe ein großes Interesse daran, Anschluss an Europa zu finden. "Dem sollte man pragmatisch begegnen", wurde er zitiert. "Aber muss es unbedingt ein Atomkraftwerk sein? Man kann auch andere Formen der Zusammenarbeit finden."

Dagegen bezeichnete Unionsfraktionsvizechef Andreas Schockenhoff (CDU) die Kooperation als eine logische Folge des Verzichts Libyens auf sein Atomwaffenprogramm im Jahr 2003. "Staatschef Muammar Gaddafi hat kein Interesse an neuen Sanktionen gegen sein Land", sagte Schockenhoff. Libyen müsse eine Chance auf wirtschaftliche Entwicklung gegeben werden.

Frankreich und Libyen hatten am Mittwoch vereinbart, bei der friedlichen Nutzung der Atomkraft zusammenzuarbeiten. Das erste Projekt sieht den Bau eines Reaktors vor, der Meerwasser entsalzen soll. Die Vorbereitungen sind laut Élysée-Palast bereits angelaufen.

AP
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