Verkehrschaos in London: Ein Streik der U-Bahn-Mitarbeiter hat am Dienstag neun der zwölf Linien zum Stillstand gebracht. Hunderttausende Pendler saßen fest und versuchten, auf Busse oder Taxis umzusteigen. Am späten Vormittag erklärte sich die Gewerkschaft dann zu neuen Verhandlungen mit der Betreibergesellschaft Metronet bereit. Der Ausstand der 2300 Gewerkschaftsmitglieder soll allerdings noch bis Donnerstagabend dauern.
"Ich musste heute Morgen drei Züge und zwei Busse nehmen, um zur Arbeit zu kommen, sagte der 57-jährige Buchhalter Adrian Wells aus Sutton südlich von London. "Jetzt bin ich völlig fertig." Im Stadtzentrum war kaum ein Taxi zu bekommen. Jennifer Evans, 29 Jahre alt, reihte sich in die Schlange am Taxistand ein. Sie schätzte, dass sie in 20 Minuten ganze drei Meter vorrückte. "Es gibt anscheinend nicht genug Taxis für alle, aber wahrscheinlich lesen sie in diesem Chaos auch Leute am Straßenrand auf."
Soweit die Pendler nicht auf Züge und Busse umsteigen konnten, mussten sie beschwerliche Fußwege auf sich nehmen oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Viele blieben auch einfach zu Hause. Bürgermeister Ken Livingstone warf der Gewerkschaft vor, aus nichtigem Grund den Londonern das Leben schwer zu machen. "Dieser Streik ist einer der sinnlosesten, der je ausgerufen wurde", sagte der sozialistische Politiker. "Alle Probleme sind doch schon gelöst worden." Auch Premierminister Gordon Brown kritisierte den Streik. Dieser stelle die Bevölkerung vor enorme Probleme und sei "völlig ungerechtfertigt". "Die Bediensteten sollten so schnell wie möglich wieder an die Arbeit zurückkehren", sagte Brown.
Management gab Arbeitsplatzgarantie ab
Die National Union of Rail, Maritime and Transport Workers (RMT) fordert eine Beschäftigungsgarantie angesichts einer Finanzkrise beim Konsortium Metronet, das für die Instandhaltung der Gleise, Züge und Signale zuständig ist. Das Metronet-Management erklärte dagegen, man habe den Gewerkschaftsmitgliedern bereits schriftlich garantiert, dass ihre Arbeitsplätze sicher seien.
Die RMT forderte außerdem noch Garantien, dass es keinen erzwungenen Wechsel des Arbeitsplatzes und keine Rentenkürzung geben werde. Sie kündigte einen möglichen weiteren Streik für die kommende Woche an. Die "Tube", wie die U-Bahn in London genannt wird, befördert täglich mehr als drei Millionen Fahrgäste in einem Schienennetz mit einer Länge von 410 Kilometern.