Minsk Festnahmen bei Protestaktionen

Bei Demonstrationen gegen die Wiederwahl des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko kam es erstmals zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Regime-Gegnern und der Polizei. Dabei wurden auch führende Oppositionelle festgenommen.

Hitzige Stimmung bei eisigen Temperaturen: Die demonstrierenden Lukaschenko-Gegner bauten am Abend auf dem zentralen Minsker Oktoberplatz ein Dutzend Zelte auf. Die jungen Weißrussen kündigten an, ihr Zeltlager auf dem Platz auch gegen mögliche Polizeieinsätze verteidigen zu wollen. Am frühen Morgen kam es zu kleineren Rangeleien der Demonstranten mit Sicherheitskräften. Etwa 20 Beamte in Uniform seien mit Oppositionsanhängern kurz aneinander geraten, berichteten Augenzeugen.

Festnahmen am Morgen

Nach Angaben aus Oppositionskreisen wurden am frühen Morgen auch mehrere Vertraute des Kandidaten Alexander Milinkewitch nach dem Verlassen der Kundgebung von der Polizei in der Nähe des Platzes festgenommen. Augenzeugen sprechen von 20 Personen. Unter den Festgenommenen sei auch der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko, hieß es.

Nach Schätzungen der Opposition harrten etwa 1000 Demonstranten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Nacht über auf dem Platz aus.

Zuvor hatten die versammelten Anhänger der Opposition eine Erklärung unterstützt, in der eine Wiederholung der Präsidentenwahl und die Freilassung von zahlreichen inhaftierten Regimegegnern gefordert werden. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) betonten, die Wahl habe internationale Demokratiestandards deutlich verfehlt.

"Eine Farce"

Die weißrussische Wahlleitung hatte einen Wahlsieg Lukaschenkos mit 82,6 Prozent der Stimmen verkündet. Die beiden Gegenkandidaten, Alexander Milinkewitsch und Alexander Kosulin, bezeichneten die Wahl als eine "Farce". Die Justizbehörden bestätigten am Tag nach der Wahl, dass insgesamt 130 Anhänger der Opposition wegen angeblicher Verstöße gegen Wahlverordnungen zu Gefängnisstrafen von 3 bis 15 Tagen verurteilt worden sind.

Nach der Europäischen Union haben auch die USA deutliche Kritik an der Wiederwahl des autoritären weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko geäußert. Washington erkenne das Ergebnis nicht an und erwäge wegen der Wahlrechtsverstöße Strafmaßnahmen gegen die Verantwortlichen in Minsk, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan. Ungeachtet der staatlichen Gewaltandrohung demonstrierten auch am zweiten Abend nach der Wahl etwa 10.000 Lukaschenko-Gegner für eine Wiederholung der Wahl. Der russische Präsident Wladimir Putin schrieb dagegen in einem Telegramm an Lukaschenko, die Ergebnisse der Wahl seien ein Beweis dafür, dass das Volk dem eingeschlagenen Kurs des Präsidenten vertraue.

USA und EU warnen Lukaschenko

Die US-Regierung warnte die Behörden in Weißrussland davor, "jene, die ihre politischen Rechte in den kommenden Tagen und darüber hinaus ausüben", zu bedrohen oder festzunehmen. Die USA seien in Zusammenarbeit mit der EU darauf vorbereitet, gegen die für Wahlbetrug und Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland Verantwortlichen vorzugehen. Als mögliche Strafmaßnahmen nannte Präsidentensprecher McClellan in Washington Reisebeschränkungen und gezielte finanzielle Sanktionen wie das Einfrieren von Auslandsguthaben für Einzelpersonen.

In Deutschland sprachen sich Politiker von Union und SPD ebenfalls für Sanktionen aus. "Gegen eine Ausweitung der Einreiseverbote ist nichts einzuwenden, wenn das selektiv geschieht und die richtigen Leute aus dem Umfeld von Lukaschenko getroffen werden", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, der "Berliner Zeitung". Auch sein Unions-Kollege Eckart von Klaeden (CDU) nannte Sanktionen angemessen. "Die EU darf diese Pervertierung der Wahlen im sowjetischen Stil nicht hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen", sagte er.

DPA
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