"Der Ministerpräsident hat alle Mitglieder der Regierung angewiesen, alle Kontakte mit der Palästinenser-Behörde einzustellen, bis diese die erforderlichen Schritte zur Eindämmung der Gewalt und zur Beendigung des Terrorismus ergreift", sagte ein hoher israelischer Regierungsvertreter am Freitag.
Zuvor hatten tausende Palästinenser den Bombenanschlag auf einen israelischen Grenzposten gefeiert, bei dem in der Nacht sechs Israelis ums Leben kamen. Der Anschlag, zu dem sich mehrere Extremistengruppen bekannten, gilt als bislang größte Herausforderung für den Friedenskurs des neuen Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas.
Nur einen Tag vor seiner für Samstag angekündigten Vereidigung sabotierten die Attentäter damit Friedenssignale an die israelische Regierung. Abu Masen, wie ihn die Palästinenser nennen, muss all dies bekannt vorkommen. Schon im April 2003 wurde sein Amtsantritt als später erfolgloser Regierungschef von einem Selbstmordanschlag begleitet.
Chaos der Gewalt
Wie ein Spezialkommando sprengten sich drei Palästinenser in der Nacht zum Freitag durch eine Wand den Weg in das Terminal des israelischen Gaza-Übergangs Karni frei. Dort lieferten sie sich ein kurzes, aber heftiges Feuergefecht mit israelischen Soldaten. Dann zündeten die Attentäter ihre Bomben und töteten sechs israelische Zivilbeschäftigte. Zeugen beschreiben ein Chaos der Gewalt. Zu der Tat bekannten sich die radikal-islamische Hamas, die militanten Volkswiderstandskomitees und die Al-Aksa-Brigaden, ein bewaffneter Arm der Fatah-Bewegung von Abbas.
Der Anschlag ist ein schlechtes Vorzeichen für Verhandlungen über eine Waffenruhe, auf die Abbas die militanten Palästinenser verpflichten muss. Denn dies ist Voraussetzung für ernsthafte Verhandlungen mit Israel. Abbas plant, bereits in der kommenden Woche in den Gazastreifen zu fahren. Innerhalb der Hamas und der verschiedenen Gruppen der Al-Aksa-Brigaden gibt es widersprüchliche Haltungen zu einer Waffenruhe. Nach palästinensischen Einschätzungen hofft Abbas, dass Ägypten ihn bei den Verhandlungen unterstützt.
Der neue Präsident könne radikale Kräfte nur auf ein Stillhalten verpflichten, wenn auch Israel Militäreinsätze beende, sagten Palästinenservertreter nach dem Anschlag. "Die neue Zeit hat noch nicht begonnen", sagte der Fatah-Politiker Kadura Fares. "Es muss einen Anfang geben, ein Abkommen über eine beiderseitige Waffenruhe." Solange die israelische Armee ihre Einsätze gegen militante Palästinenser fortsetze, "könne sie solche Reaktionen natürlich erwarten", sagte Asam Ahmed, palästinensischer Minister für Telekommunikation.
Abbas unter großem Erwartungsdruck
Abbas steht nun unter einem großen Erwartungsdruck beider Seiten. Wenn seine Polizei nicht gegen die Attentäter vorgehe, "ist Abu Masen bereits in den ersten Tagen in seinem Job gescheitert", kommentierte die israelische Tageszeitung "Jediot Achronot". Die Hamas hat aber schon erklärt, Abbas solle zunächst das palästinensische Volk schützen, also für ein Ende israelischer Einsätze sorgen. Die Armeeführung machte unterdessen am Freitag alle Übergänge in den Gazastreifen dicht.
Das Attentat schneide den Gazastreifen von seiner Lebensader ab, sagte der palästinensische Sicherheitsbeauftragte Salim Abu Safija. Er sieht aber auch den Machtkampf der Palästinenser als Hintergrund. "Jeder, der solche Angriffe verübt, will seinen Preis in den internen Verhandlungen der kommenden Tage nach oben treiben", meint er.