Vier Wochen nach Ausbruch des Kriegs im Libanon hat die israelische Führung entschieden, die Bodenoffensive im Libanon auszuweiten. Die Entscheidung, die Truppen möglicherweise bis zum Litani-Fluss vorrücken zu lassen, stellt eine weitere Eskalation des Krieges dar. Die Litani liegt 20 bis 30 Kilometer von der israelisch-libanesischen Grenze entfernt. Derzeit operieren 10.000 israelische Soldaten in einer bis zu sieben Kilometer tiefen Zone, die 20 Dörfer umfasst.
Damit sollen vor der Vereinbarung eines Waffenstillstands die Hisbollah-Raketen ausgeschaltet werden, was bislang in vier Wochen Krieg nicht gelungen ist. "Die Raketen müssen vernichtet werden und wir müssen der internationalen Schutztruppe ein klar umrissenes Gebiet überlassen", forderte Umweltminister Gideon Esra.
Offenbar unter dem Eindruck der lauter werdenden Kritik an den mageren Ergebnissen des Feldzuges der stärksten Armee in der Region ernannte Israel Generalmajor Mosche Kaplinsky zum Koordinator der Offensive. Nach Ansicht von Beobachtern wurde damit der Chef des Nordkommandos der israelischen Streitkräfte, General Udi Adam, kaltgestellt, obwohl er seine Position behält.
Während das Sicherheitskabinett unter Leitung von Premierminister Ehud Olmert tagte, hat die israelische Armee ihren Vormarsch fortgesetzt. Sie stieß dabei auf heftigen Widerstand der Hisbollah-Miliz, die wieder Raketen auf den Norden Israels abgefeuert hat.
Die israelische Armee rückte libanesischen Sicherheitskreisen zufolge von Taibeh, das fünf Kilometer von der Grenze entfernt ist, auf Kantara und andere Ortschaften fort. Kämpfe seien auch bei Bint Dschbeil und Aita al Schaab im Gange gewesen. Der Fernsehsender al Arabija meldete den Tod von vier israelischen Soldaten. Die Israelis sprachen von Kämpfen bei Kantara, äußerten sich aber nicht zu Verlusten. Die Hisbollah erklärte, zehn Israelis seien getötet oder verwundet worden. Ihre Kämpfer hätten außerdem sechs Panzer außer Gefecht gesetzt. Auch die Hisbollah ließ nichts über eigene Verluste verlauten.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warb in Israel für eine Verbesserung der unverändert kritischen Lage der libanesischen Flüchtlinge. Mit einer Annahme einer Waffenstillstands-Resolution der USA und Frankreichs wird nun für Donnerstag gerechnet.
Um eine Linderung der Not der Zivilisten bemühte sich Außenminister Steinmeier bei seinen Gesprächen in Israel. Steinmeier traf zunächst mit Verteidigungsminister Perez zusammen. Gespräche waren auch mit Außenministerin Zipi Liwni und Regierungschef Olmert geplant. Bei seinen Gesprächen mit libanesischen Regierungsvertretern sei ihm die humanitäre Lage in den Kriegsgebieten geschildert worden, sagte Steinmeier. "Hier müssen wir dringend zu Verbesserungen kommen", so der SPD-Politiker.
Keine Fortschritte gab es in den diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung der Libanonkrise. Die Abstimmung des UN-Sicherheitsrats über einen Resolutionsentwurf der USA und Frankreichs wurde erneut verschoben. Der französische Präsident Jacques Chirac äußerte sich in Toulon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten der Einarbeitung von Vorschlägen des Libanon und der Arabischen Liga in den Entwurf zustimmen würden. Der Libanon bemängelt, dass in dem Text die Forderung nach einem sofortigen Abzug nicht enthalten ist und stattdessen nur das Ende der Kampfhandlungen gefordert wird.
Nach einem Waffenstillstand soll eine internationale Schutztruppe in den umkämpften Südlibanon einziehen. Sie soll ein robustes Mandat erhalten, um eine Rückkehr der Hisbollah zu verhindern. Die libanesische Regierung hat die Entsendung von 15.000 Regierungssoldaten vorgeschlagen. Ihre Armee hat aber kaum Kampferfahrung und verfügt nur über veraltete Waffen.