Nahost-Konflikt Israel bombardiert Evakuierungsweg

Sie hatten nichts mit diesem Konflikt zu tun, wollten sich nur in Sicherheit bringen - da trafen sie die Bomben der Israelis. Ein Toter, mehrere Verletzte, das ist die Bilanz des Bombardements auf die wichtigste Evakuierungsstraße aus dem Krisengebiet.

Israelische Kampfflugzeuge haben erneut die wichtigste Verbindungsstraße zwischen Beirut und Damaskus bombardiert, auf der ein Großteil der ausländischen Flüchtlinge den Libanon verlässt. Die libanesische Polizei berichtete, ein Konvoi von Krankenwagen, der auf dem Weg nach Syrien war, musste umkehren. Ein Jordanier wurde getötet und mehrere andere Personen verletzt, als eine israelische Rakete ihr Fahrzeug traf. In den vergangenen Tagen war die Straße bereits mehrmals getroffen worden. Sie blieb aber befahrbar, weil die Fahrzeuge die Bombenkrater umfuhren.

Hisbollah bombardiert Haifa

In der nordisraelischen Stadt Haifa waren zuvor bis zu sechs Raketen eingeschlagen. Über Opfer gebe es zunächst keine Informationen, berichteten Ärzte. Zuvor heulten Sirenen durch die drittgrößte Stadt des Landes. Haifa war in den vergangenen Tagen mehrmals von der libanesischen Hisbollah-Miliz beschossen worden. Am Sonntag kamen beim schwersten Raketenangriff seit jeher acht Menschen ums Leben.

Diplomaten bemühen sich um Waffenstillstand

Insgesamt wurden am Dienstag 23 Menschen Opfer der israelischen Raketen. Die militärische Offensive gegen die radikal-islamische Hisbollah-Miliz, die vor einer Woche zwei israelische Soldaten verschleppt hat, könnte nach israelischen Angaben noch einige Wochen andauern. Außenministerin Zipi Liwni bekräftigte die Haltung der israelischen Regierung, wonach die Hisbollah die entführten Soldaten für ein Ende der Kämpfe ohne Vorbedingungen frei lassen müsse. In der israelischen Hafenstadt Haifa schlugen der Polizei zufolge Raketen der Hisbollah ein. Ob es dabei Opfer gab, war zunächst noch unklar.

Die diplomatischen Bemühungen für einen Waffenstillstand wurden unterdessen fortgesetzt, auch eine internationale Einsatztruppe zur Stabilisierung der Lage ist im Gespräch. UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte eine europäische Beteiligung an der Truppe.

Bodenoffensive nicht ausgeschlossen

Seit dem Beginn der Offensive starben mehr als 200 Zivilisten durch israelischen Beschuss. Bei Vergeltungsschlägen der von Iran und Syrien sowie der libanesischen Regierung unterstützten Miliz kamen zudem 24 Menschen ums Leben. Die Offensive in Israels Nachbarland Libanon werde keine Monate, sondern Wochen anhalten, sagte der israelische Vize-Militärchef Mosche Kaplinski. Bis zur Beendigung müssten aber noch "sehr klare Ziele" erreicht werden. Bei einem Luftangriff auf ein Haus im südlibanesischen Dorf Aitaroun in der Nacht wurden neun Mitglieder einer Familie, darunter Kinder, getötet und vier verletzt. Vier weitere Menschen wurden ebenfalls im Süden des Landes getötet. Im Osten der libanesischen Hauptstadt Beirut wurden zehn Soldaten getötet und 30 verletzt.

Nach den massiven Luftangriffen schloss Israel den Beginn einer Bodenoffensive nicht aus. "Zu diesem Zeitpunkt sehen wir keine Notwendigkeit, massive Bodentruppen im Libanon zu aktivieren. Aber wenn wir sie sehen, dann werden wir es tun. Wir schließen das nicht aus", sagte Kaplinski in dem Interview.

Israelis unterstützen die Bombardements

Die Angriffe haben sechs Jahre nach dem Ende der israelischen Besatzung im Nachbarland die schwersten Zerstörungen der vergangenen zwei Jahrzehnte angerichtet. Häfen, Straßen, Brücken, Fabriken und Treibstofflager wurden beschädigt oder zerstört. Die Offensive begann, nachdem die Hisbollah an der Grenze in Nordisrael zwei israelische Soldaten entführt und acht weitere getötet hatte. Einer Umfrage zufolge unterstützt der größte Teil der Israelis die Bombardements. Etwa 86 Prozent halten das Vorgehen des israelischen Militärs für gerechtfertigt. 58 Prozent sind der Ansicht, dass die Offensive fortgesetzt werden sollte, bis Hisbollah-Chef Sajjed Hassan Nasrallah von der Armee getötet wurde. Libanons Präsident Emile Lahoud hatte am Vortag erklärt, sein Staat werde sich niemals von Nasrallah abwenden.

Die Hisbollah fordert die Freilassung libanesischer und arabischer Gefangener aus israelischer Haft im Gegenzug für die Freilassung der entführten israelischen Soldaten. Während Regierungschef Ehud Olmert diese Forderung mehrfach kategorisch abgelehnt hat, äußerte sich sein Minister für Innere Sicherheit, Awi Dichter, am Dienstag kompromissbereit. "Ich denke, am Ende werden wir unsere Soldaten nach Hause bringen und wenn ein Weg dazu die Verhandlung über libanesische Gefangene ist, wird der Tag kommen, an dem wir auch dies erwägen müssen."

Reuters
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