Nach einem Jahr hitziger Debatten hat US-Präsident Barack Obama die umstrittene Gesundheitsreform am Dienstag in Kraft gesetzt. In einer feierlichen Zeremonie unterzeichnete er im vollbesetzten East Room, dem größten Raum des Weißen Hauses das Gesetz und besiegelte damit den hart erkämpften, ersten großen Triumph seiner Amtszeit.
Fast zeitgleich reichten 14 Bundesstaaten Klage gegen die Reform ein, die 32 Millionen bislang unversicherten Amerikanern einen Schutz im Krankheitsfall verschaffen soll. Sie unterstrichen damit, dass der Streit um den tiefgreifenden Umbau des 2,5 Billionen Dollar teuren Gesundheitswesens noch lange nicht vom Tisch ist und Obama weiterhin viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Im Herbst stehen Kongresswahlen an, bei denen die oppositionellen Republikaner Kapital aus einer Ablehnung der Reform schlagen wollen.
"Heute, nach fast einem Jahrhundert der Versuche - heute, nach über einem Jahr der Debatten - heute, nachdem alle Stimmen ausgezählt sind, wird die Krankenversicherungsreform Gesetz in den Vereinigten Staaten von Amerika", sagte Obama bei der Unterzeichnung. "Wir haben jetzt den wichtigen Grundsatz verankert, dass alle eine gewisse Grundabsicherung haben sollen, wenn es um ihre Gesundheit geht." Die um ihn versammelten Mitarbeiter brachen in Jubel aus.
Im Weißen Haus herrschte seit der knappen Verabschiedung am späten Sonntagabend eine regelrecht euphorische Stimmung, wie Obama-Vertraute sagten. Noch vor wenigen Wochen sah es ganz danach aus, als ob Obama wie schon mehrere Präsidenten vor ihm mit dem Vorhaben scheitern würden.
Wir haben jetzt den wichtigen Grundsatz verankert, dass alle eine gewisse Grundabsicherung haben sollen, ...
Immer noch viele Skeptiker
An der allgemeinen Stimmungslage änderte Obamas Erfolg vorerst jedoch nichts wesentlich. Einer Umfrage des Fernsehsenders CBS zufolge glauben lediglich 29 Prozent der US-Bürger daran, dass die Reform das Gesundheitswesen verbessert. 34 Prozent gehen hingegen von einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung aus, 28 Prozent waren unentschieden.
Die Generalstaatsanwälte von 13 Bundesstaaten warfen der Regierung vor, mit der Reform gegen die Verfassung zu verstoßen. Sie stören sich insbesondere an der Einführung einer allgemeinen Versicherungspflicht. Nahezu alle Amerikaner müssen also künftig eine Krankenversicherung abschließen - ob sie wollen, oder nicht. Der Generalstaatsanwalt von Florida, Bill McCollum, der die Klage federführend einreichte, erklärte, sein Staat werde es nicht hinnehmen, dass die in der Verfassung garantierten Rechte der Bürger und die Souveränität der Bundesstaaten verletzt würden.
Seine Kollegen aus South Carolina, Nebraska, Texas, Utah, Alabama, Colorado, Michigan, Pennsylvania, Washington, Idaho und South Dakota, die wie McCollum Republikaner sind, schlossen sich der Klage ebenso an, wie der Generalstaatsanwalt von Louisiana, James Caldwell, der den Demokraten angehört. Virginia reichte wenig später zudem eine eigene Klage gegen das Gesetz ein. Das Präsidialamt zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Man rechne nicht damit, dass die Klage Erfolg haben werde, hieß es.
Allerdings ist Obama durchaus bewusst, dass die Stimmen der Kritiker nicht so schnell verstummen werden. Ganz im Stile des Wahlkämpfers will er deshalb noch in dieser Woche bei mehreren Auftritten im ganzen Land bei der Bevölkerung für sein bislang wichtigstes innenpolitisches Projekt werben. Erster Stopp ist am Donnerstag in Iowa, wo Obama vor gut zwei Jahren im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten den ersten großen Erfolg seiner politischen Laufbahn feierte und den Grundstein für seinen Einzug ins Weiße Haus setzte.