Die Schweizerische Volkspartei (SVP) des Milliardärs und Justizministers Christoph Blocher hat nach einem von fremdfeindlichen Parolen geprägten Wahlkampf bei den Parlamentswahlen noch mehr Stimmen geholt als erwartet. Dennoch will sie das fein austarierte politische Gefüge des Landes nach den Worten ihrer Führungsspitze nicht zu ihren Gunsten verändern.
Gemäß einer Hochrechnung des Schweizer Fernsehens vom Sonntagabend kann die SVP mit 28,8 Prozent der Stimmen rechnen und baut somit ihre Position als stärkste politische Kraft im Land aus. Mit diesem Ergebnis hätte sie im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren 2,1 Prozentpunkte zugelegt, was in den traditionell festgefügten politischen Strukturen des Landes einen ungewöhnlichen Erfolg darstellt. Seit über 85 Jahren hat keine Partei einen größeren Stimmenanteil bei den Wahlen zum 200 Mitglieder umfassenden Nationalrat auf sich vereinen können.
Sozialdemokraten verlieren erheblich
Ebenfalls zu den Siegern dürften sich der Hochrechnung zufolge die Grünen mit einem Plus von 1,8 Prozentpunkten auf 9,5 Prozent rechnen. Sie bleiben damit aber unter der angepeilten Marke von zehn Prozent. Großer Verlierer sind die Sozialdemokraten, die laut der Hochrechnung 4,2 Prozentpunkte auf 19,1 Prozent abgeben mussten. Die FDP verzeichnete Verluste von 1,4 Prozentpunkten auf 15,9 Prozent, während die Christdemokraten (CVP) mit 14,6 Prozent sich um 0,2 Prozentpunkte kaum verbesserten.
"Das Wahlergebnis zeigt, dass die SVP-Politik richtig ist", sagte Parteichef Ueli Maurer. Die von der SVP angesprochenen Themen wie Ausländerkriminalität oder Asylmissbrauch bewegten offenbar auch die Bürger. Die Partei hatte die Schweiz unter anderem mit Plakaten überzogen, auf denen possierliche weiße Schafe einen Artgenossen mit schwarzem Fell - der für einen kriminellen Ausländer steht - mit ihren Hinterläufen aus dem Land treten. Die Kampagne hatte selbst im Ausland für Schlagzeilen gesorgt und war von den Vereinten Nationen als rassistisch gebrandmarkt worden.
"Wir stehen zur Konkordanz"
Auch in anderen inhaltlichen Positionen sieht sich die SVP durch den Wahlausgang bestätigt. "Der EU-Beitritt muss nun aus den letzen Köpfen sein", sagte Maurer. Der starke Mann der SVP, der 67-jährige Blocher, musste sich dagegen am Wahlabend in ungewohnter Zurückhaltung üben, da Regierungsmitglieder ein Wahlergebnis in der Schweiz üblicherweise nicht kommentieren.
An der Zusammensetzung der Regierung dürfte der Wählerzuspruch für die SVP nichts ändern. Denn in der Schweiz sind alle großen Parteien in der siebenköpfigen Regierung vertreten, und Entscheidungen werden nach außen hin stets gemeinsam vertreten, was auch als Konkordanz-Prinzip bekannt ist. Maurer signalisierte, daran festzuhalten: "Wir stehen zur Konkordanz, die Schweiz kann nur in Konkordanz regiert werden."
Verlierer machen Blochers Vermögen für Niederlage verantwortlich
Der Präsident der unterlegenen SP, Hans-Jürg Fehr, sieht in den ungleich gefüllten Kriegskassen der Parteien einen Grund für das schlechte Abschneiden: "Die SVP hat mit sehr, sehr viel anonymem Geld den Wahlkampf bestimmt. Mich würde es reizen, mal 15 Millionen Franken für den Wahlkampf zu haben - und die anderen nur eine Million." Er spielt damit auf Blochers milliardenschweres Vermögen an, mit dem angeblich der SVP-Wahlkampf unterstützt wurde. In der Schweiz muss die Parteinfinanzierung nicht veröffentlicht werden. Blocher legte einst mit dem Spezialchemie-Konzern Ems-Chemie den Grundstein für sein Vermögen und zählt heute unter anderem eine Burg in Graubünden zu seinem Besitz.
Insgesamt waren 4,9 Millionen Schweizerinnen und Schweizer zur Wahl aufgerufen. Wohl vorrangig aufgrund des polarisierenden Wahlkampfs des Blochers dürfte die Wahlbeteiligung erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder über 50 Prozent gelegen haben. "Die Emotionalisierung des Wahlkampfs hat Mitte August mit dem Wahlkampf der SVP eingesetzt und damit auch die Wahlbeteiligung angekurbelt", sagte Claude Longchamp vom Meinungsforschungsinstitu gfs.bern. 2003 hatten nur etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.