Parlamentswahlen Machtwechsel in Portugal

Mit einem historischen Wahlerfolg kehren die Sozialisten in Portugal nach drei Jahren an die Macht zurück, sie gewannen die absolute Mehrheit. Sozialistenführer José Sócrates hatte eine "moderne Linke" versprochen - und muss das jetzt umsetzen.

Wahlsieger Jose Socrates sieht sich gern in einer Linie mit Tony Blair und Göran Persson, dem schwedischen Ministerpräsidenten. Vor fünf Monaten brachte er die portugiesischen Sozialisten (PSP) auf seinen Reformkurs. Jetzt gewann er auch die vorgezogene Parlamentswahl und steht nun vor der Aufgabe, mit einer von ihm geleiteten Regierung die Modernisierungsversprechen in die Tat umzusetzen. Die Neuwahlen waren notwendig geworden, nachdem Staatspräsident Jorge Sampaio das Parlament aufgelöst hatte. Der sozialistische Staatschef sah nach einer Serie von Regierungskrisen im Mitte-Rechts-Kabinett von Santana Lopes die politische Stabilität nicht mehr gewährleistet.

Linksruck erfasst auch kleine Parteien

Nach dem am Montag veröffentlichten Endergebnis gewannen die Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten José Sócrates wenigstens 119 der 230 Sitze, 23 mehr als vor drei Jahren. Die konservative Regierungspartei PSD (Sozialdemokratische Partei) büßte fast ein Drittel ihrer Mandate ein. Sie errang 73 Sitze, 32 weniger als bei ihrem Wahlsieg 2002. Führende Mitglieder forderten nach der Schlappe den Rücktritt von Parteichef Santana Lopes. Der Linksruck wirkte sich auch auf die kleineren Parteien aus. Die CDS (Demokratisch-Soziales Zentrum), der rechtskonservative Koalitionspartner der Mitte-Rechts-Regierung, verlor 2 Mandate und kam nur noch auf 12 Sitze. Das Bündnis von Kommunisten und Grünen (CDU) stieg mit 14 Abgeordneten, 2 mehr als bisher, zur drittstärksten Kraft auf. Der Block der Linken (BE) konnte sich um 5 Mandate auf 8 Sitze verbessern. Die Wahlbeteiligung war mit über 65 Prozent relativ hoch.

Trotz seiner grauen Haare hat es der 47-jährige José Sócrates verstanden, sich den Charme eines jugendlichen Politikers zu erhalten. Dafür sorgt nicht nur seine Kleidung von Designeranzügen bis zur Lederjacke, sondern auch seine Politik des Ärmel-Aufkrempelns. Auf allen Wahlplakaten versprach Socrates "die moderne Linke", und in seinen Reden sagte er den verkrusteteten Strukturen der Wirtschaftspolitik den Kampf an. Wie Blair und Persson gibt sich auch Socrates unternehmerfreundlich. "Nur der Wettbewerb kann die Verbraucher absichern und die Wirtschaft stimulieren", sagte der designierte Ministerpräsident im Wahlkampf. "Es ist die Pflicht des Staates, die idealen Bedingungen für diesen Wettbewerb sicherzustellen."

Wechselte von den Konservativen zu den Sozialisten

Socrates ist geschieden und Vater von zwei Kindern. Morgens kann man ihn in der Nähe seiner Wohnung im Zentrum von Lissabon beim Joggen sehen. Bis Mitte der 70er Jahren stand Socrates noch in den Reihen der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), die er jetzt von der Regierungsmacht stieß. Damals wechselte er von der Jugendorganisation der PSD zu den Sozialisten, wo er bald von Parteichef Antonio Guterrez gefördert worde. 1987 wurde er ins Parlament gewählt, von 1999 bis 2002 war er Umweltminister. In der Debatte um eine Reform des strengen Abtreibungsrechts setzte er sich für die Wahlfreiheit der Frauen ein.

In der Außenpolitik widersetzte sich Socrates dem Regierungskurs zur Unterstützung des Irak-Kriegs, trat aber stets für ein enges Verhältnis zu Washington ein. "Ich denke, dass gute Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sehr wichtig sind", sagt Socrates. Wenn es um staatliche Lenkung in der Sozialpolitik und der Regulierung des Marktes geht, zeigt sich Socrates als Linker. Gleichzeitig aber tritt er für mehr Disziplin bei den Staatsausgaben ein und fordert, dass der Staat die Unternehmen nicht behindern, sondern unterstützen sollte. Bei öffentlichen Projekten wie dem Straßenbau befürwortet Socrates private Investitionen.

Rodrigues machte ihm den Weg frei

An die Spitze der portugiesischen Sozialisten kam Socrates erst Mitte vergangenen Jahres. Damals forderte PS-Generalsekretär Eduardo Ferro Rodrigues nach dem Wechsel des PSD-Ministerpräsidenten Jose Manuel Barroso an die Spitze der EU-Kommission Neuwahlen - in der Erwartung, der nächste Regierungschef Portugals werden zu können. Als Staatspräsident Jorge Sampaio trotz seiner Zugehörigkeit zu den Sozialisten diese Forderung ablehnte, trat Ferro Rodrigues enttäuscht zurück und machte Socrates den Weg frei. Seiner Partei lohnte er das Vertrauen mit dem bislang höchsten Wahlsieg in der Geschichte der portugiesischen Sozialisten.

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Barry Hatton/AP