Der Zwillingsbruder des tödlich verunglückten polnischen Präsidenten Lech Kaczynski will neues Staatsoberhaupt werden. "Polen ist unsere große gemeinsame Verpflichtung. Wir müssen unseren persönlichen Schmerz hinter uns lassen und diesen Auftrag trotz der persönlichen Tragödie annehmen", erklärte Jaroslaw Kaczynski am Montag. Die Mission seines Bruder müsse zu Ende geführt werden. Darum habe er sich entschieden, bei der Präsidentenwahl am 20. Juni für die rechtskonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) anzutreten.
Experten räumten dem früheren Ministerpräsidenten jedoch wenig Chancen gegen Bronislaw Komorowski ein, der für die regierende, liberal-konservative Bürgerplattform ins Rennen geht und das Präsidentenamt kommissarisch nach Lech Kaczynskis Tod bei einem Flugzeugabsturz vor gut zwei Wochen übernommen hat. Eine Blitzumfrage unmittelbar nach der Ankündigung der Kandidatur ergab 32 Prozent der Stimmen für Jaroslaw Kaczynski. Komorowski lag mit 46 Prozent deutlich vorne, wie das Institut Homo Homini mitteilte. Ein solches Ergebnis würde aber eine Stichwahl am 4. Juli auslösen. Der 60-jährige Kaczynski werde alles versuchen, um von der Sympathie zu profitieren, die die Polen seinem Bruder entgegenbrachten, sagte der Leiter der Stiftung Unia & Polska, Krzysztof Bobinski.
Lech Kaczynskis Tod hatte das Land in tiefe Trauer gestürzt. Zehntausende Menschen nahmen Abschied, als er vor einer Woche gemeinsam mit seiner ebenfalls bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Frau Maria in der Wawel-Burg in Krakau neben Königen, Nationalhelden und Dichtern beigesetzt wurde.