Etwa acht Millionen Chilenen sind am Sonntag zur Wahl eines neuen Präsidenten und des Parlaments aufgerufen. Umfragen zufolge kann der konservative oppositionelle Kandidat Sebastián Piñera mit 44 Prozent der Stimmen rechnen. Damit würde der Multimillionär zwar die für einen Sieg in der ersten Runde notwendige Mehrheit verpassen, hätte aber eine gute Ausgangsbasis für eine Stichwahl am 17. Januar. Mit 31 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei dürfte demnach der Kandidat der seit 20 Jahren ununterbrochen regierenden Koalition aus Christdemokraten und Sozialisten sowie zwei kleinerer Parteien, der frühere Präsident Eduardo Frei (1994-2000), landen. Es wäre der erste Wahlsieg der chilenischen Konservativen seit 1958.
Der Wahlsieger tritt die Nachfolge der sehr populären sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet an. Die chilenischen Gesetze schließen eine unmittelbare Wiederwahl aus. Aber sie hat bereits angedeutet, bei der nächsten Mal erneut antreten zu wollen.
Der Rückstand der bisher dominierenden Koalition Concertación erklärt sich auch durch die erstmalige Spaltung des Mitte-Links- Lagers. Der junge Kandidat Marco Enríquez-Ominami Gumucio sagte sich von der Regierung los und liegt nun bei etwa 17 Prozent.
Ein Regierungswechsel würde nach Einschätzung politischer Beobachter keine dramatischen Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik nach sich ziehen. Auch die Concertación hat eine relativ konservative und auf Marktkräfte vertrauende Politik betrieben. In der Außenpolitik würde jedoch unter Piñera eine Abwendung von linksgerichteten Regierungen wie der in Venezuela und Bolivien und eine deutliche Aufwertung der Beziehungen zu dem konservativ regierten Kolumbien und vor allem zu den USA erwartet.