Putschversuch in der Türkei Wie sich Twitter-Gegner Erdogan mit sozialen Medien rettete

2014 wollte er Twitter noch "ausrotten", am Wochenende wird Recep Tayyip Erdogan froh gewesen sein, auf den Kurznachrichtendienst zurückgreifen zu können. Auch dank der Macht der sozialen Medien hielt sich der türkische Präsident im Amt.

"Twitter und solche Sachen werden wir ausrotten", sagte Recep Tayyip Erdogan im März 2014 vor seinen Anhängern. Zwei Jahre später freut er sich bestimmt, dass sein wahnwitziger Plan nicht aufgegangen ist. Denn in der Nacht auf Samstag brauchte der türkische Präsident die sozialen Netzwerke und Medien. Hier konnte er seine treue Gefolgschaft mobilisieren, als das Militär das Staatsfernsehen besetzte. Via Twitter rief er seine Landsleute auf die Straßen und öffentlichen Plätze. Sie sollten zeigen, dass dieser Putsch nicht dem Willen des türkischen Volks entspräche. Erdogan konnte sich zudem live an die Bevölkerung richten - über den Videotelefonie-Dienst Facetime gab er CNN Türk ein TV-Interview.

Der Präsident rief und seine Anhänger folgten. Zu Tausenden gingen sie auf die Straßen, stellten sich den Soldaten in den Weg. Über Facebook Live und Twitters Gegenstück Periscope gingen Bilder in die Welt, auf denen Menschen furchtlos auf Panzer einprügelten. Jeder konnte live verfolgen, dass die vom Militär verhängte Ausgangssperre ohne Konsequenzen missachtet werden konnte. In Echtzeit sah man, wie sich Soldaten auf der Bosporus-Brücke ergaben, wie die Putschisten in TV-Sendern festgenommen wurden, wie der gerade erst begonnene Aufstand sofort wieder versandete. Im Staatsfernsehen ließ das Militär verkünden, die Macht übernommen zu haben. Im Internet sahen die Menschen, dass das nicht stimmte.

Twitter hält Recep Tayyip Erdogan an der Macht

Ausgerechnet die von Erdogan verhassten sozialen Netzwerke helfen ihm, an der Macht zu bleiben. Der türkische Präsident ließ Twitter 2014 sperren. Der Kurznachrichtendienst war ihm schon immer ein Dorn im Auge. Gegner verbreiteten dort damals Korruptionsvorwürfe, Erdogan drehte ihnen den Saft ab. Erst ein Gericht kippte die Sperren.

Erdogan weiß um die Macht der sozialen Medien. Genau deshalb will er ja die Macht über sie. Nach den Sperrversuchen 2014 musste er feststellen: Die sozialen Netzwerke lassen sich nicht kontrollieren. Das mussten nun - zwei Jahre nach Erdogan - auch die Putschisten einsehen. 

fin