Russland Putin segnet "Gesetz gegen Lumpen" ab: Kriegskritiker dürfen enteignet werden

Russlands Präsident Wladimir Putin will Kriegskritiker künftig enteignen
Russlands Präsident Wladimir Putin will Kriegskritiker künftig enteignen
© Sergei Guneyev / Pool Sputnik Kremlin / AP / DPA
Für Russland-Kritiker im Land hat der Kreml schon länger eine Lösung. Wer den Krieg in der Ukraine hinterfragt, der muss ins Gefängnis. Aber was tun mit Kritikern im Exil? Für sie hat nun ein neues Gesetz die letzte Hürde genommen.

Einen Monat vor der Präsidentschaftswahl in Russland hat Präsident Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, demzufolge die Behörden Geld und Eigentum von verurteilten Kritikern der russischen Armee beschlagnahmen dürfen. Betroffen könnten auch im Exil lebende Kreml-Kritiker sein, die noch Eigentum in ihrer Heimat haben. 

Das entsprechende Dekret wurde am Mittwoch in der russischen Gesetzesdatenbank veröffentlicht und besagt, dass Besitz, der durch die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russische Armee oder Aufrufe zur Gefährdung der nationalen Sicherheit Russlands erworben worden sei, eingezogen werde. Wie das Gesetz in der Praxis angewendet werden soll, ist noch unklar. "Apriori irgendwelche Besorgnisse auszusprechen, halten wir für unbegründet", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow zu möglicher Kritik.

Nach Angaben des Kreml hat das Gesetz "absolut" nichts mit Beschlagnahmungen nach sowjetischer Art zu tun. Bedenken hinsichtlich möglichen Missbrauchs wies Peskow als "unbegründet" zurück. "Gemeinsam mit Ihnen werden wir die Gelegenheit haben, die Durchsetzung des Gesetzes in der Praxis zu bewerten", sagte er am Mittwoch vor Journalisten und dementierte explizit, dass es sich um eine Neuauflage des sowjetischen Gesetzes zur Konfiskation des Eigentums von Volksfeinden handle. 

Speziell in der Ära von Sowjetdiktator Josef Stalin wurden Hunderttausende Russen zu Volksfeinden erklärt, enteignet und in Lager gesperrt – oder getötet.

Laut dem Vorsitzenden der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, richtet sich das Gesetz gegen "Schurken und Verräter, die heute auf den Rücken unserer Soldaten spucken und die ihre Heimat verraten haben". Wolodin sagte im vergangenen Monat, die für die Verbreitung "falscher Informationen" über die Armee vorgesehene Strafe von bis zu 15 Jahren Haft reiche nicht aus.

Strafe für Russland-Kritiker im Exil

Um Kritik an der Invasion zu unterbinden, wird die angebliche Verbreitung von Falschmeldungen über die russische Armee mit langen Freiheitsstrafen geahndet. Moskau hatte deshalb bereits zahlreiche Gegner des Konflikts inhaftiert. Nach den geltenden Gesetzen können Angaben über die Offensive in der Ukraine, die nicht aus einer offiziellen Regierungsquelle stammen, als "falsch" eingestuft werden, sodass deren Verbreitung strafbar ist. Dafür drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 haben Hunderttausende Russen ihre Heimat verlassen. Viele Prominente kritisieren aus dem Ausland Putin und seinen Krieg. Weil sie nicht mit Lagerhaft bestraft werden können, wird in Russland seit langem darüber diskutiert, wie die Justiz diese Bürger trotzdem belangen kann. Das Gesetz zur Enteignung der Kriegsgegner wurde zu Jahresbeginn ins Parlament eingebracht und einstimmig im Unter- und Oberhaus, der Staatsduma und dem Föderationsrat, beschlossen. Duma-Chef Wolodin bezeichnete es als "Gesetz gegen Lumpen".

DPA · AFP
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