Saddam Hussein "Ich bin der Präsident"

Zum Prozessauftakt hat Saddam Hussein sich ein scharfes Wortgefecht mit dem Vorsitzenden Richter geliefert. Der Ex-Diktator erklärte sich für unschuldig und gleichzeitig das Gericht für nicht zuständig. Fortgesetzt wird der Prozess Ende November.

Mit heftigen Vorwürfen des Angeklagten hat der mit Spannung erwartete Prozess gegen Saddam Hussein begonnen. "Ich erkenne dieses so genannte Gericht nicht an, bei allem Respekt", sagte der 68-jährige Expräsident, kaum dass er in den streng gesicherten Verhandlungssaal in der ehemaligen Zentrale seiner Baath-Partei geführt worden war. "Ich behalte mein verfassungsmäßiges Recht als Präsident des Iraks."

Nach rund zwei Stunden vertagte das Gericht das Verfahren auf den 28. November. Es begründete die Entscheidung damit, dass viele Zeugen aus Angst vor einem öffentlichen Auftritt nicht am ersten Sitzungstag erschienen seien.

Zu der Anklage eines Massakers an mehr als 140 Schiiten erklärte sich Saddam Hussein für unschuldig. Zuvor hatte Hussein sich geweigert, seinen Namen zu nennen und stattdessen den Vorsitzenden Richter Risgar Mohammed Amin angeherrscht: "Wer sind Sie? Ich möchte wissen, wer Sie sind." Als Amin den Angeklagten als "ehemaligen Präsidenten" bezeichnete, erntete er scharfen Protest. Nach der Verlesung der Anklageschrift erklärte Saddam Hussein mit ruhiger Stimme: "Ich habe gesagt, was ich gesagt habe. Ich bin nicht schuldig."

Anklagepunkte gegen Saddam

Der irakische Expräsident Saddam Hussein und seine sieben Mitangeklagten müssen sich wegen eines Massakers in Dudschail im Jahr 1982 vor Gericht verantworten. Bei einem Besuch in der überwiegend von Schiiten bewohnten Ortschaft 80 Kilometer nördlich von Bagdad war Saddam Hussein beschossen worden, es kam zu einem Gefecht, aus dem der damalige Präsident schließlich von Kampfhubschraubern gerettet wurde. Wenig später wurden mehr als 140 Einwohner von Dudschail hingerichtet, rund 1.500 wurden festgenommen und gefoltert. Die Vorwürfe gegen die acht Angeklagten lauten daher auf vorsätzlichen Mord, Gefangennahme und Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Zwangsverschleppung sowie Folter.

Außer Saddam weigerten sich auch der ehemalige Vize-Präsident Taha Jasin Ramadan und Saddams Halbbruder Barsan al Tikriti ihre Namen zu nennen. "Ich sage das selbe, wie der Herr Präsident. Ich sage das selbe, wie Saddam Hussein", sagte Ramadan. "Sie haben meinen Namen in Ihren Akten", sagte al Tikriti zum Richter. Die anderen nannten ihre Namen, ihr Alter, ihre Stellung und ihren Wohnort. Die Namen derer, die sich nicht zu identifizieren bereit waren, würden eindeutig aus den Ermittlungsunterlagen hervorgehen, stellte Richter Amin fest.

Awad Hamad al Bandar, der einst als Vorsitzender Richter des Revolutionsgerichts zahlreiche Menschen zum Tode verurteilt hatte, beschwerte sich im Gerichtssaal darüber, dass man den Angeklagten ihre arabischen Kopfbedeckungen weggenommen hatte. "Man hat uns unsere Identität weggenommen", rief er in den Saal. Darauf wurden ihnen die Kopfbedeckungen gebracht. Saddam und seine Mitangeklagten saßen in etwa hüfthohen nach oben hin offenen Gitterkäfigen. Saddam erschien in einem grauen Anzug und in einem weißen Hemd mit offenem Kragen. Seine sieben Mitangeklagten kamen teilweise in traditioneller irakischer Kleidung.

Gerangel in der Verhandlungspause

In einer Verhandlungspause kam es zu einer Rangelei zwischen Hussein und dem Sicherheitspersonal Als zwei Wachleute den Ex-Präsidenten aus dem Gerichtssaal führen wollten, schüttelte er sie verärgert ab. Die beiden Männer versuchten, den 68-Jährigen erneut zu fassen, woraufhin ein wütendes Gerangel entstand, das in einem allgemeinem Geschrei endete. Schließlich verließ Saddam Hussein den Saal freihändig, die beiden Wachleute hinter ihm.

Neben Saddam Hussein müssen sich in dem Verfahren sieben weitere Angeklagte verantworten: Sein einstiger Vizepräsident Taha Jassin Ramadan, der frühere Geheimdienstchef Barasan Ibrahim, der Vorsitzende des Irakischen Revolutionsgerichts, Awad Hamed al Bandar und vier Funktionäre der Baath-Partei aus der Region Dudschail. Sie alle müssen sich wegen eines Massakers in der schiitischen Ortschaft Dudschail im Jahr 1982 verantworten. Im Falle eines Schuldspruchs droht den acht Angeklagten die Todesstrafe. Sie könnte allerdings ausgesetzt werden, um weitere Verfahren gegen Saddam Hussein zu ermöglichen. Die Angeklagten saßen in zwei Stuhlreihen direkt gegenüber der Richterbank, die Verteidiger zu ihrer Rechten. Auf der anderen Seite führten die Staatsanwälte das Wort.

Prozess unter starken Sicherheitsvorkehrungen

Das Gebäude ist von drei Meter hohen Sprengschutzmauern umgeben und wurde von amerikanischen sowie irakischen Soldaten gesichert. Es befindet sich in der abgesicherten Grünen Zone in Bagdad, in der auch die Regierung ihren Sitz hat und die meisten ausländischen Botschaften angesiedelt sind. Saddam Husseins Anwalt Chalil al Dulaimi erklärte vor dem Prozess, er werde eine Vertagung des Verfahrens um mindestens drei Monate beantragen. Dies solle eine bessere Vorbereitung der Verteidigung und die Mitarbeit von arabischen und westlichen Anwälten ermöglichen. Das Gericht sei verfassungswidrig, weil es unter der völkerrechtswidrigen US-Besatzung eingesetzt worden sei, sagte der Anwalt. In einem Dossier mit 122 Einzelpunkten wollte die Verteidigung zudem belegen, dass das Gericht nicht für Saddam zuständig ist.

Wenige Stunden vor Beginn des Prozesses verübten Unbekannte in Bagdad einen symbolträchtigen Anschlag: Eine Bombenexplosion stürzte am frühen Morgen die Büste des Kalifen Abu Dschaafar al Mansur vom Sockel. Während seiner Amtszeit hatte sich Saddam Hussein häufig mit dem legendären Gründer Bagdads verglichen. Bei mehreren bewaffneten Überfällen in der Hauptstadt wurden vier Polizisten, ein Verwaltungsbeamter und sein Fahrer sowie ein ehemaliger irakischer Offizier erschossen. In Kirkuk kam bei einem Autobombenanschlag auf den Wagen eines kurdischen Stammesführers ein Passant ums Leben. Bei Anschlägen am späten Dienstagabend wurden nach Angaben der Koalitionsstreitkräfte ein amerikanischer und ein britischer Soldat getötet. Der US-Soldat fiel einem Bombenanschlag bei Iskandarija 50 Kilometer südlich von Bagdad zum Opfer, wie ein Militärsprecher mitteilte. Zwei weitere Soldaten wurden dabei verletzt. Der britische Soldat wurde ebenfalls von der Explosion eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes getötet, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte.

AP · DPA · Reuters
AP/Reuters/DPA

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