Bei der Wahl zum neuen Patriarchen der serbisch-orthodoxen Kirche hat sich überraschend ein liberaler Bischof gegen nationalistische und konservative Favoriten durchgesetzt. Die Heilige Synode bestimmte den 80-jährigen Irinej Gavrilovic am Freitag zu ihrem neuen Oberhaupt. Die mit sieben Millionen Mitgliedern auch politisch bedeutende Kirche wird nun von einem moderaten Geistlichen geführt, der den Weg Serbiens in die EU nicht blockieren und eine Annäherung an die römisch-katholische Kirche fördern will.
Irinej ist Nachfolger des überaus beliebten Patriarchen Pavle. Dieser war am 15. November im Alter von 95 Jahren verstorben. Schon gleich nach dessen Tod hatte sich ein Machtkampf um das höchste Kirchenamt zwischen Hardlinern und Gemäßigten angedeutet. Doch die 45 Synodenmitglieder bestimmten überraschend schnell den Vertreter des liberalen Flügels. Noch am Freitag war damit gerechnet worden, dass sich die Wahl über mehrere Tage hinziehen könnte.
Als Favorit galt Bischof Amfilohije Radovic, der das Amt während Pavles schwerer Krankheit bereits kommissarisch führte. Er ist für seine antiwestliche und ultranationalistische Haltung bekannt. Als weiterer Hardliner mit Erfolgsaussichten war Irinej Bulovic ins Rennen gegangen. Die konservativen Kräfte sind gegen den Kurs Belgrads, das sich um die EU-Mitgliedschaft bemüht, und setzt demgegenüber auf engere Bande mit Russland.
Irinejs Wahl deutet darauf hin, dass sich die Kirche in dem politischen Richtungsstreit neutral verhalten wird. Der künftige Patriarch machte in mehreren Interviews auch schon deutlich, dass er sich einem Besuch von Papst Benedikt XVI. in Serbien nicht widersetzen werde.