Staatsbesuch China umwirbt taiwanische Opposition

Es ist eine historische Visite, die der Chef der Nationalen Volkspartei Taiwans in China begonnen hat. Er ist nicht nur der ranghöchste Politiker seit langem im Reich der Mitte, sondern auch Symbol für die Zugehörigkeit Taiwans zu China.

Zum ranghöchsten Kontakt zwischen Taiwan und China seit mehr als einem halben Jahrhundert ist am Dienstag der taiwanesische Oppositionsführer Lien Chan in Nanking eingetroffen. Hintergrund des Besuchs ist die gemeinsame Gegnerschaft zur gegenwärtigen Regierung von Taiwan unter Präsident Chen Shui Bian. Während die kommunistische Führung den Kontakt zu Chen meidet, weil sie ihm Unabhängigkeitsbestrebungen vorwirft, umwirbt sie die taiwanesische Opposition.

Vor dem Abflug an der Spitze einer Delegation von 150 Parteipolitikern sagte Lien, er hoffe, dass sein Besuch dem Abbau von Spannungen und der Förderung der Wirtschaftsbeziehungen dienen werde. Auf dem Flughafen von Taipeh kam es zu Rangeleien zwischen Anhängern und Gegnern der Nationalistischen Partei.

Höhepunkt der Reise Liens ist am Freitag ein Treffen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao. Zuletzt trafen die Chefs der Nationalen Volkspartei und der KP 1945 zusammen. Damals berieten Chiang Kai Shek und Mao Tse Tung über die Möglichkeit, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Diese Verhandlungen scheiterten, und 1949 flohen die Nationalisten auf die Insel Formosa, wo sie eine eigene Regierung für Taiwan bildeten.

Der Vorsitzende der Nationalen Volkspartei (Kuo-Min Tang) plant in der ostchinesischen Stadt das Grabmal des Partei- und Republikgründers Sun Yatsen zu besuchen, der im kommunistischen China wie im demokratischen Taiwan verehrt wird. Nanking war unter der Kuomintang-Regierung viele Jahre die Hauptstadt Chinas.

Die Nationale Volkspartei regierte Taiwan bis zum Jahr 2000. Die Demokratische Fortschrittspartei von Präsident Chen tritt für ein Referendum über eine formelle Unabhängigkeitserklärung von Taiwan ein. China betrachtet Taiwan weiterhin als Teil der Volksrepublik und hat im Falle einer formellen Abspaltung mit Krieg gedroht.

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