Streit um Kanalausbau Showdown in Panama

Der Panamakanal hat ein Problem: Für die modernen Riesenfrachter ist der 100 Jahre Wasserweg zu klein. Nun soll der Kanal ausgebaut werden. Doch das Fünf-Milliarden-Dollar-Projekt spaltet die Bevölkerung.

Panama steht vor einer historischen Entscheidung: Am 22. Oktober stimmen die Bürger in einem Referendum darüber ab, ob der Kanal zwischen Atlantik und Pazifik, den die USA vor 100 Jahren gebaut haben, erweitert werden soll. Präsident Martin Torrijos und die wirtschaftliche Elite des mittelamerikanischen Landes wollen die Verbreiterung der Wasserstraße. Mit großem propagandistischem Aufwand haben sie dafür gesorgt, dass es aller Voraussicht nach eine Mehrheit dafür geben wird. Die großen Bauunternehmen der Welt, auch aus Deutschland, stehen bereit, um an dem Bauvorhaben teil zu haben. Die Gegner geraten in die Minderheit.

Ein Kanal als Schicksal

Der Kanal ist das Schicksal des kleinen Landes an der engsten Stelle des amerikanischen Kontinents. Die erste Durchfahrt erfolgte 1914. Bis dahin hatte der Bau insgesamt etwa 25.000 Menschenleben gefordert. Er hatte 380 Millionen Dollar verschlungen, Kolumbien gespalten, ein neues Land, nämlich Panama, entstehen lassen. Eine 16 Kilometer breite Zone teilte das kleine mittelamerikanische Land auf einer Länge von 80 Kilometern. Fast ein Jahrhundert lang unterstand diese Zone der Hoheit der Großmacht USA, die den Kanal fertig gestellt hatte.

Die Erweiterung ist ebenfalls ein gigantisches Unternehmen. Allein der Plan, den Präsident Torrijos seinen Landsleuten vorlegte, umfasst 5000 Seiten. Die Verwirklichung wird 5,2 Milliarden US-Dollar kosten. Es sollen riesige Wasserreservoirs angelegt werden, die es ermöglichen sollen, dass das Wasser für die Bedienung der neuen, riesigen Schleusen wieder verwendet werden kann und nicht einfach in die Ozeane gespült wird. Heute gehen mit jedem Schleusenvorgang 180 Millionen Liter Süßwasser ab.

Die Befürworter der Verbreiterung, allen voran die Kanalgesellschaft ACP, sehen große Reichtümer auf Panama niedergehen: Tausende von Arbeitsplätzen, Investitionen, Ansiedlungen von Banken, Reedereien, Versicherungen und vieles mehr. Eine lichte Zukunft für alle, so steht es an jeder Ecke des tropischen Landes geschrieben.

"Die Zukunft", antwortet der Ingenieur Juan Wong auf die Frage, was für ihn die Erweiterung des Kanals bedeute. Wong führt eine Gruppe auf einem Lotsenschulschiff durch die Schleuse von Miraflores. Sie alle tragen blaugrüne Gummibänder am Arm mit dem Aufdruck "Si". "Mit der Ja-Stimme werde ich einen Samen in die Erde setzen, dessen Früchte eines Tages mein Sohn ernten wird", sagt Wong. Und die jungen Leute nicken.

Die Umwelt wird geschädigt

Doch die Gegner befürchten Schlimmes. Ariel Rodriguez, Biologe an der Universität von Panama, ist erzürnt: "Das alles sind Lügen. Die Umwelt wird geschädigt, sie werden ganze Gebiete des Wassers berauben, das Projet wird mehr kosten als von der ACP und der Regierung angegeben", sagt er. "Es ist gut für die Reichen, die Unternehmen, aber nicht für Panama und erst recht nicht für das Volk", sagt auch Maria Munoz, die sich für die Rechte der Campesinos westlich des Kanals einsetzt. "Sie werden unsere Gebiete austrocknen", sagt sie überzeugt.

Vor den Einfahrten zum Kanal stauen sich mittlerweile bis zu hundert Frachter, weil die Kapazität des Wasserwegs den Anforderungen des Verkehrs nicht mehr gewachsen ist. Die Schiffe der "Post-Panamax-Klasse" mit bis zu 10.000 Containern können den Kanal nicht passieren, weil sie zu groß sind. Tausende von Containern stapeln sich in den Häfen von Panama-Stadt und Colon. Vor allem der Handel Chinas mit den USA hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Zwischen 2000 und 2004 verdoppelte sich sein Wert auf 196 Milliarden Dollar.

Keine weiteren Stauseen

Die Regierung Torrijos hat alles versucht, um die Argumente der Gegner zu entkräften: Es werden angeblich keine weiteren Stauseen angelegt, der Wasserspiegel des Gatun-Sees, der gleichzeitig als Wasserweg und als Reservoir für die Schleusen dient, soll um einen halben Meter angehoben werden. Umsiedlungen von Dörfern, wie seinerzeit beim Bau des Kanals seien nicht nötig. Und vor allem: Die Erweiterung werde aus den künftigen Einnahmen finanziert, und nicht aus dem Staatshaushalt. Derzeit passieren den Wasserweg pro Jahr rund 14.000 Frachter. In Zukunft sollen es doppelt so viele sein.

Allerdings zweifeln viele Menschen daran, dass der Ausbau am Ende nicht doch von ihnen bezahlt werden muss. Fachleute äußerten bereits Zweifel daran, dass Panama die Preise für eine Durchfahrt problemlos anheben könne. Derzeit zahlt ein Frachter der Panamax-Klasse für eine Passage 150.000 Dollar. Ein Kreuzfahrtschiff muss 330.000 Dollar aufbringen.

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Franz Smets/DPA