Bei einem Ausnahmezustand können nach der Verfassung in der Türkei Grundrechte eingeschränkt oder ausgesetzt werden, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kann weitgehend per Dekret regieren. Eine Auswahl von Maßnahmen, die das Kabinett unter Erdogan nach dem Gesetz zum Ausnahmezustand beschließen kann, aber nicht beschließen muss:
- Ausgangssperren können verhängt werden.
- Der Fahrzeugverkehr kann zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Gegenden verboten werden.
- Versammlungen und Demonstrationen können verboten werden - sowohl unter freiem Himmel als auch in geschlossenen Räumen.
- Sicherheitskräfte dürfen Personen, Fahrzeuge oder Anwesen durchsuchen und mögliche Beweismittel beschlagnahmen.
- Bestimmte Gegenden können abgeriegelt oder evakuiert werden.
- Der Verkehr zu Land, See und Luft kann kontrolliert werden.
- Druckerzeugnisse wie Zeitungen, Magazine oder Bücher können verboten oder mit der Auflage versehen werden, dass sie nur mit Genehmigung erscheinen dürfen.
- Alle Arten von Rundfunkausstrahlung und die Verbreitung von Texten, Bildern, Filmen oder Tönen können kontrolliert und nötigenfalls eingeschränkt oder ganz verboten werden.
Wann der Ausnahmezustand ausgerufen werden darf
Die türkische Verfassung gibt dem Kabinett unter Vorsitz des Staatspräsidenten das Recht, nach Beratungen mit dem Nationalen Sicherheitsrat den Ausnahmezustand zu verhängen. Auslöser können nach Artikel 120 "weit verbreitete Gewaltakte zur Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Ordnung" oder ein "gravierender Verfall der öffentlichen Ordnung" sein.
Das Kabinett kann den Ausnahmezustand im ganzen Land oder in Teilen davon für maximal sechs Monaten verhängen. Diesmal sind es drei Monate. Der Beschluss muss im Amtsblatt veröffentlicht und ans Parlament übermittelt werden. Das Parlament kann die Dauer des Ausnahmezustands verändern, ihn aufheben oder ihn auf Bitte des Kabinetts um je vier Monate verlängern.
Während des Ausnahmezustands kann das Kabinett unter Vorsitz des Präsidenten Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Diese Erlasse werden zunächst im Amtsblatt veröffentlicht und am selben Tag dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Gegen die Dekrete kann nicht vor dem Verfassungsgericht vorgegangen werden.
