Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Landsleute vor mehr russischen Luftangriffen im Winter gewarnt und ihnen zugleich besseren Schutz zugesichert. Wie im Vorjahr müsse sich die Ukraine gegen verstärkte Attacken auf ihre Infrastruktur wappnen, sagte er am Sonntag in seiner Abendansprache. Selenskyj zufolge ist die ukrainische Luftverteidigung jedoch in diesem Jahr dank westlicher Militärhilfe deutlich besser aufgestellt.
Im Nato-Land Rumänien beginnt am Montag die Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen vom amerikanischen Typ F-16, von deren Einsatz sich Kiew viel verspricht. Und in Brüssel beraten die Außenminister der 27 EU-Staaten am Montag über die Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten. Im Osten der Ukraine verstärkt die russische Armee derweil ihre Angriffe um die Ortschaft Marjinka.
Selenskyj: "Russland bereitet sich auf den Winter vor"
"Russland bereitet sich auf den Winter vor", warnte Selenskyj in seiner Ansprache. Die Ukraine müsse darauf vorbereitet sein, dass die Zahl der Drohnen- und Raketenangriffe auf die Infrastruktur zunehmen könnte. Zur kritischen Infrastruktur gehören etwa Heizkraftwerke und die Stromversorgung, deren Ausfall insbesondere während der kalten Monate weitreichende Folgen haben kann.
Zugleich versprach Selenskyj besseren Schutz vor russischen Angriffen als im vergangenen Winter. Zusammen mit einer Vielzahl westlicher Länder arbeite man daran, die seither schon verstärkte ukrainische Luftabwehr täglich zu verbessern. Einen vollständigen Schutz des gesamten Territoriums könne man aber noch nicht gewährleisten.

Ausbildung von Ukrainern an F-16-Kampfjets beginnt
In Rumänien eröffnen am Montag Verteidigungsminister Angel Tilvar und seine niederländische Amtskollegin Kajsa Ollongren in der 150 Kilometer östlich von Bukarest gelegenen Luftwaffenbasis Fetesti das Europäische F-16-Trainingszentrum (EFTC). Die Niederlande stellen für die Ausbildung, die neben ukrainischen auch rumänische Piloten bekommen, 12 bis 18 Kampfjets zur Verfügung. Der F-16-Hersteller Lockheed schickt Ausbilder und Wartungspersonal. Wann die Ukraine, die sich seit beinahe 21 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt, die Kampfflugzeuge tatsächlich im Kriegsgebiet einsetzen kann, ist unklar. Geschätzt wird, dass das Training der Piloten mindestens sechs Monate dauern dürfte.
Deutschland will Militärhilfe für Ukraine verdoppeln
Die Bundesregierung will ihre Militärhilfe für die Ukraine verdoppeln. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Sonntagabend in der ARD, die geplante Etat-Erhöhung sei ein "starkes Signal an die Ukraine, dass wir sie nicht im Stich lassen". Er bestätigte damit indirekt Berichte der "Bild am Sonntag" und des ARD-Hauptstadtstudios, denen zufolge die Unterstüzung 2024 von vier auf acht Milliarden Euro aufgestockt werden soll.
Wie die "Bild am Sonntag" und das ARD-Hauptstadtstudio unter Berufung auf Koalitions- und Ministeriumskreise berichteten, hatte sich die Ampel-Koalition zuvor darauf verständigt, die Unterstützung im kommenden Jahr von vier auf acht Milliarden Euro aufzustocken. Demnach soll der Haushaltsausschuss des Bundestags die zusätzlichen Ausgaben in der am Donnerstag beginnenden sogenannten Bereinigungssitzung auf den Weg bringen.
Den Berichten zufolge übertrifft Deutschland mit den zusätzlichen Ausgaben zugleich das Zwei-Prozent-Ziel der Nato: Die Verteidigungsausgaben betragen laut von der "Bams" erwähnten Ministeriumsberechnungen damit 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Intensive russische Angriffen um Marjinka gemeldet
In der Ostukraine waren einem Bericht des ukrainischen Generalstabs zufolge die russischen Angriffe um die nur wenige Kilometer westlich der Industriestadt Donezk gelegene Ortschaft Marjinka zuletzt besonders intensiv. An diesem Frontabschnitt fand demnach mit 20 Gefechten rund ein Drittel aller Kämpfe der vergangenen 24 Stunden statt. Die nördlich von Donezk gelegene – und ebenfalls heftig umkämpfte – Ortschaft Awdijiwka griffen die Russen in dem Zeitraum demnach nur halb so häufig an. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Am südlichen Frontabschnitt hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben ihre Offensive in Richtung der Großstadt Melitopol fortgesetzt. Am Sonntagnachmittag berichtete der ukrainische Militärgeheimdienst HUR von einer Explosion in Melitopol, bei der mindestens drei hochrangige Offiziere der russischen Nationalgarde (Rosgwardija) getötet worden sein sollen. Der vom Kreml eingesetzte regionale Besatzungschef Wladimir Rogow schrieb am Abend auf Telegram, ein "explosionsartiges Geräusch" in der Stadt sei angeblich durch fehlerhafte Gasausrüstung in einem Fahrzeug verursacht worden. Verletzt wurde nach seinen Angaben niemand.
EU-Außenminister beraten über Sicherheitszusagen für Ukraine
Die EU-Außenminister beraten bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel auch darüber, wie langfristige Sicherheitszusagen für die Ukraine aussehen könnten. Zuletzt zeichnete sich ab, dass ein Plan des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell für längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen nicht die erforderliche Unterstützung aller 27 EU-Staaten bekommen dürfte. Dieser sah vor, von 2024 bis 2027 jährlich fünf Milliarden Euro zu mobilisieren. Diskutiert wird nun, ob weniger umfangreiche Verpflichtungen eine Alternative sein könnten.
Aus Deutschland wird Außenministerin Annalena Baerbock in Brüssel erwartet. Zu den Beratungen über die Lage in der Ukraine soll zu Beginn der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zugeschaltet werden.
USA wollen Russland bei Apec-Gipfel ein "guter Gastgeber" sein
Ungeachtet der Bemühungen um eine Isolation Moskaus wegen des Ukraine-Krieges wollen die USA beim Apec-Gipfel in San Francisco auch für die russische Delegation ein "guter Gastgeber" sein. Die russische Delegation wird vom stellvertretenden Ministerpräsidenten Alexej Owerschuk angeführt, wie Matt Murray vom US-Außenministerium am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Owerschuk werde "als Leiter der Delegation" behandelt und könne "in vollem Umfang" an den Veranstaltungen in dieser Woche teilnehmen.
Eine Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin an dem bis zum 17. November dauernden Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) ist undenkbar aufgrund der umfassenden Sanktionen, die Washington nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verhängt hatte. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) hatte Mitte März einen Haftbefehl gegen Putin wegen der Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland im Ukraine-Krieg erlassen.
Das US-Außenministerium hatte im vergangenen Monat öffentlich erklärt, es werde Putin in San Francisco nicht willkommen heißen. Putin erklärte daraufhin, jedes Apec-Mitglied könne selbst seine eigene Delegation bestimmen.
Was am Montag wichtig wird
Ukrainische und polnische Regierungsvertreter treffen sich im Grenzgebiet der beiden Länder, um das Problem der Blockade einiger Grenzübergänge zu lösen. Polnische Transportunternehmer haben mehrere Grenzübergänge in die Ukraine aus Protest gegen billigere Konkurrenz blockiert. Außerdem tagen die EU-Außenminister in Brüssel.