Ob Auskundschaften, töten oder Nachrichten übermitteln. Drohnen sind aus der modernen Kriegsführung nicht mehr wegzudenken. Seit kurzem sollen die fliegenden Alleskönner offenbar auch als Friedenstauben dienen. Die Anleitung liest sich ganz einfach: Anrufen, Treffen vereinbaren, Anweisungen folgen, ergeben. So sollen russische Soldaten laut einer Videoanleitung kapitulieren. Der Clou an der Sache: Eine Drohne soll den Feind auf sicherem Weg in die Gefangenschaft führen.
Der Einsatz der mechanischen Kapitulationshelfer ist Teil der "Ich will leben"-Hotline, die es russischen Soldaten einfach machen soll, jederzeit ungefährdet die Waffen zu strecken. Ein entsprechendes Lehrvideo hatte die ukrainische Armee Anfang der Woche auf sozialen Medien veröffentlicht. Darin erklärt ein Sprecher auf russisch Schritt für Schritt, wie sich feindliche Kämpfer auf sicherem Wege in Gefangenschaft begeben können.
Drei Männer in Uniform mit weißen Armbinden demonstrieren den Ablauf in einem Graben inmitten einer verschneiten Landschaft. Zunächst, so der Sprecher, sollen die Soldaten die "Ich will leben"-Hotline wählen, um Zeit und Ort des Treffens zu vereinbaren. Wegen der kurzen Flugzeit von Drohnen, heißt es im Video, "ist die Genauigkeit und Pünktlichkeit der Ankunft entscheidend".
Drohne soll Russen in die Gefangenschaft geleiten
Vor Ort sollen sie auf die Ankunft des Quadrokopters warten, die ihnen weitere Anweisungen gibt. "Wenn Sie die Drohne im Blickfeld haben, nehmen Sie Blickkontakt mit ihr auf", so der Sprecher. Im Anschluss sollen die Soldaten die Arme heben, um zu signalisieren, dass sie bereit sind, der Drohne zu folgen. Danach schwebe die Drohne einige Meter auf und ab, bevor sie die Soldaten im Schritttempo zu den wartenden Ukrainern führe. In dem Videoclip legen sich die "Russen" am Ende mit dem Gesicht nach unten auf den Boden, während sie von ukrainischen Soldaten durchsucht werden. "Retten Sie mehr Leben", sagt der Sprecher am Ende des Videos und fordert die russischen Zuschauer auf, das Video zu verbreiten.
Wie sich die Fronten in der Ukraine seit Beginn des Krieges verschoben haben

Ende November hatte das ukrainische Verteidigungsministerium auf Twitter ein Video veröffentlicht, dass einen russischen Soldaten zeigen soll, wie er sich Drohnenanweisungen entsprechend ergibt. Ob die Aufnahme authentisch ist, lässt sich nicht verifizieren. Auf der Gegenseite gibt auch die russische Militärführung an, Drohnen bei der Gefangennahme von ukrainischen Soldaten eingesetzt zu haben. Laut einer Mitteilung der staatlichen Nachrichtenagentur Tass sollen sie Kapitulationsaufforderungen per SMS senden.
Tausende Russen sollen bereits Kontakt aufgenommen haben
Seit Kriegsbeginn haben sich beide Parteien äußerst kreativ darin gezeigt, die Gegenseite zur Aufgabe anzuhalten – sei es mit aus Artillerie abgeschossenen oder aus der Luft abgeworfenen Flugblättern, Social-Media-Kampagnen oder in unzähligen Radio- und Fernsehbeiträgen.
Das "Ich will leben"-Projekt hatte die ukrainische Militärführung als Reaktion auf die russische Teilmobilisierung im September gestartet, als Kremlchef Wladimir Putin rund 300.000 Menschen zwangsrekrutiert hatte. Neben einer Telefonhotline sollen russische Kämper und deren Angehörige sich auch über eine Website und einen Telegramkanal über sichere Kapitulationsmöglichkeiten informieren können.
Ukrainischen Angaben zufolge haben sich bereits Tausende Russen konkret erkundigt. Unabhängig bestätigen lässt sich dies nicht. Gegenüber der "New York Times" soll ein Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes von 1,2 Millionen allgemeinen Anfragen gesprochen haben.

In einem Interview mit der ukrainischen Zeitung "Kyviv Post" hatte Projektsprecher Witali Matwienko behauptet, dass Zwangsrekruten die Hotline sogar nutzen könnten, bevor sie überhaupt in die Ukraine geschickt werden. "Die Ukrainer behandeln die Gefangenen, die sich ergeben, nach den Genfer Konventionen, foltern niemanden, verstümmeln niemanden und sorgen für angenehme Bedingungen, mit drei Mahlzeiten pro Tag und medizinischer Versorgung, falls erforderlich" sagte Matwienko.
Quellen: "Business Insider"; "New York Times"; "Ukrainska Prawda"