Experte Mölling "Angriffe auf Infrastruktur werden Krieg nicht entscheiden"

Ein weißer junger Mann mit einer angeschalteten Stirnlampe geht in einem dunklen Treppenhaus treppauf
Ein Aufzugmonteur bahnt sich während eines Stromausfalls in der Ukraine den Weg zu seinem Einsatzort
© Dimitar Dilkoff / AFP
Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet nicht, dass der Krieg in der Ukraine durch die russischen Angriffe auf die Infrastruktur entschieden wird. Mölling sagt im stern-Podcast "Ukraine – die Lage", selbst wenn viele Menschen vor Kälte und Stromausfällen fliehen müssten, bliebe ja ihr Wille zur Rückkehr bestehen.

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet nicht, dass die russischen Angriffe auf die Infrastruktur in der Ukraine den Krieg entscheiden werden. Mölling sagt am Dienstag in Episode #82 vom stern-Podcast "Ukraine – die Lage", selbst wenn viele Menschen vor Kälte und Stromausfällen fliehen müssten, bliebe ja ihr Wille zur Rückkehr bestehen. Außerdem werde die ukrainische Armee nicht abziehen. Nach Einschätzung des Forschungsdirektors der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik wird entscheidend sein, ob die Russen die Fähigkeiten haben, Gebiete zu erobern und zu halten. Hieran gebe es aber erhebliche Zweifel, wie sie zuletzt etwa vom britischen Geheimdienst geäußert worden seien. Mölling geht davon aus, dass durch die Verschlechterung der Lebensbedingungen weitere Menschen ihre Häuser insbesondere in den Ballungszentren verlassen würden. Viele könnten jedoch auf dem Land Schutz suchen.

Mölling geht davon aus, dass die russische Führung Wege sucht, um die Infrastruktur dauerhaft zu beschädigen. Im Moment gebe es einen Wettlauf von Zerstörung und Instandsetzung. Er erwartet nicht, dass die Russen ihr gesamtes Arsenal nun für eine große Offensive gegen die Infrastruktur einsetzen würden. Denn damit würden sie sich Optionen für die Fortführung des Krieges nehmen. "Ich würde nicht darauf wetten, dass die Russen so dumm sind", sagt der Experte.

Erhält Ukraine Raketen mit größerer Reichweite?

Mölling verweist darauf, dass der britische Verteidigungsminister Ben Wallace die Lieferung von Raketen mit größerer Reichweite ins Spiel gebracht hat. Es gebe Berichte, dass auch die Amerikaner über solche Systeme nachdenken; wenn sie sie nicht gar bereits geliefert hätten. Zur Begründung sagt er: "Weil man natürlich sieht, dass die nächsten Möglichkeiten für ukrainische Erfolge stärker davon abhängen, ins Hinterland und in die Logistik hineinzureichen." Aufgrund der geographischen Gegebenheiten sei die größere Reichweite wichtig, da im Süden der Ukraine der mächtige Dnipro-Fluss schwer zu überwinden sei und es zudem eine Zone gebe, die die russische Artillerie unpassierbar mache.

tkr