Podcast "Die Lage – International" Mölling zu neuem US-Strategiepapier: "Europa kämpft ums Überleben"

Sagt Europa den Kampf an: Donald Trump bei einer Rede
Im Kulturkampf mit Europa: US-Präsident Donald Trump bei einer Rede in Pennsylvania vor wenigen Tagen
© Alex Wong / Getty Images
Washingtons Feindseligkeit den alten Partnern gegenüber lässt nur einen Schluss zu: Europa muss stärker werden – mit, ohne oder notfalls gegen die USA. Doch das hat einen Preis.

 Wie viel Aufregung ist gerechtfertigt, wenn Trumps Amerika den Demokratien Europas offen den Kampf ansagt? Diese Frage spaltet die Republik, seit die 33 Seiten lange "Nationale Sicherheitsstrategie" (NSS) der US-Regierung mit Unterschrift und Amtssiegel von Donald Trump auf der Webseite des Weißen Hauses veröffentlicht wurde. Hat Trump das Dokument überhaupt gelesen? Werden den harschen Worten je Taten folgen? Ändert der notorisch wankelmütige Präsident seine Ansichten vielleicht bald wieder?

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling hält diese Debatte nicht für sinnvoll. "Den USA geht es seit Jahrzehnten darum, die Europäer als starken Partner zu haben. Und das sind wir nicht", stellt Mölling, Senior Advisor beim Brüsseler Thinktank "European Policy Center" in der neuesten Ausgabe des stern-Podcasts "Die Lage – International" fest. Handlungsdruck für Europa ergebe sich unabhängig davon, wie viel Niederschlag die NSS in der US-Politik der kommenden Jahre finde. "Mit Blick auf die Art und Weise, wie wir in Europa leben – nicht nur auf unseren Wohlstand, sondern auch die Freiheit – stehen wir in einem Überlebenskampf. Wir werden stärker werden müssen, ob mit, ohne oder sogar gegen die Amerikaner", sagt Mölling. Das bringe zwar unausweichlich Einschränkungen des eigenen Wohlstands mit sich. Nur: "Wenn wir das selbst nicht machen, dann werden uns andere einschränken, auch in unserer Freiheit."

Europa, Amerika und mögliche Wahlen in der Ukraine

Inhaltlich ist das Strategiepapier der US-Regierung nach Möllings Ansicht zwar "grottig inkonsistent". Die erklärte Absicht, in Europa rechten Parteien mithilfe der USA zur Macht zu verhelfen, finde aber bereits Niederschlag in systematischer Unterstützung der Trump-Regierung etwa für die AfD in Deutschland. "Das sind keine Unfälle", so Mölling.

Die Ankündigung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, binnen 60 bis 90 Tagen Wahlen abhalten zu wollen, hält Mölling für ebenso smart wie riskant. Einerseits sei der Vorschlag an die Bedingung geknüpft, dass der Westen die Sicherheit einer solchen Wahl garantiere – "und wir dürfen davon ausgehen, dass das nicht eintreten wird". Andererseits trete Selenskyj damit womöglich eine Debatte um die eigene Nachfolge los, die ihm in der aktuellen Lage zu entgleiten drohe. "Das ist natürlich ein Einfallstor für die Russen, mehr Chaos zu säen oder sogar eigene Kandidaten einzuschleusen", so Mölling.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos

Mehr zum Thema