Sei es nun der 23 Jahre alte Lehrer Dan Vlasin aus Rumänien oder die Therapeutin Donna Wright aus London: Die amerikanische Irak-Politik schmeckt auch Bürgern der Länder nicht, die zu den engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten zählen.
"Amerika handelt, als sei es Gott"
Vlasin lässt keinen Zweifel daran, dass die Welt seiner Ansicht nach ohne den irakischen Machthaber Saddam Hussein ein Stück besser wäre. "Aber Amerika handelt, als sei es Gott", kritisiert Vlasin. Die Britin Wright betont, grundsätzlich habe sie nichts gegen Amerikaner. Aber sie sei "gegen die amerikanische Regierung". Vlasin und Wright vertreten eine vollkommenen andere Position als die Regierungen ihrer Länder. Und sie sind mit ihrem Standpunkt nicht alleine.
Das Bild der USA hat sich weltweit dramatisch verändert. Überall sind zahlreiche Menschen darüber beunruhigt, wie die einzig verbliebene Supermacht im Irak-Konflikt agiert.
Eine neue Umfrage in neun Ländern dokumentiert einen rapiden Sympathieverlust Amerikas. Die vom 10. bis 17. März durchgeführte Erhebung des amerikanischen Pew-Global-Attitude-Projekts hat ergeben, dass in Großbritannien die Sympathienbekundungen für die USA von 75 Prozent Mitte vergangenen Jahres auf 48 Prozent gefallen ist. In Polen sind die überwiegend positiven Einstellungen gegenüber Amerika innerhalb eines halben Jahres von 80 auf 50 Prozent zurückgegangen. In der russischen Bevölkerung, die den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September eine Welle der Sympathie entgegenbrachte, ist die Zustimmung um 28 Prozent eingebrochen.
In der Türkei hatte noch vor knapp drei Jahren mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine durchweg positive Einstellung gegenüber den USA. Vergangenes Jahr rutschte dieser Wert auf 30 Prozent und landet aktuell auf zwölf Prozent. Wurde in der Umfrage nur nach der Zustimmung für einen Krieg gefragt, dann sprachen sich rund 80 Prozent der Italiener und Spanier dagegen aus. In Frankreich sehen die Umfragewerte ähnlich aus. Befragt wurden 5.500 Personen.
Auch in Deutschland hat eine Umfrage des Allensbach-Instituts eine gewachsene Distanz zu den Vereinigten Staaten registriert. Demnach betrachten nur noch elf Prozent die USA als den "besten Freund Deutschlands", nur noch zehn Prozent haben von US-Präsident George W. Bush eine "gute Meinung". Auch das Urteil über "die Amerikaner" hat sich gewandelt: Die Mehrheit der Deutschen hält sie mittlerweile für "rücksichtslos, gewalttätig, hochmütig", wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Mittwoch aus der Umfrage zitierte.
Diese Umfrageergebnisse müssten das Weiße Haus eigentlich aufschrecken. Doch Regierungssprecher Ari Fleischer kontert nur mit anderen Umfragen, die zeigen, dass Saddam Hussein überall als Bedrohung wahrgenommen wird. Tatsächlich relativiert auch der Direktor des US-Umfrageinstituts Pew, Andrew Kohut, die Ergebnisse der Erhebung: Zwar stimme die Welt in weiten Teilen nicht mit den USA überein, aber die Mehrheit der Befragten erwarte auf Grund des amerikanischen Drucks positive Veränderungen in Irak und in der Region. Für den New Yorker Außenpolitik-Experten Gideon Rose liegen die Gründe für den Sympathieverlust auch nicht unbedingt darin, dass die Entwaffnung Iraks umstritten ist, sondern wie die USA ihre Macht zur Geltung bringen.
Amerika führe sich auf wie ein "Weltpolizist", sagt die 33-jährige Bulgarin Nadia Boneva. Überall misstrauen zahlreiche Menschen der derzeitigen amerikanischen Rolle. Zwar haben die USA eine so genannte "Koalition der Willigen" um sich geschart, aber die Liste der Länder zeigt vor allem, wer alles nicht dabei ist.
Die Hilflosigkeit der Gegner der derzeitigen amerikanischen Politik zeigt sich beispielhaft in den Äußerungen des Geschäftsmannes Jose Ortiz de Solorzano aus Madrid. In weiten Teilen der Welt begännen die Menschen, die USA zu hassen, sagt Ortiz. "Aber so lange die USA diese gewaltige wirtschaftliche und militärische Macht haben, wird es sie nicht kümmern."
Jocelyn Noveck