Als die freie Journalistin Elena Lappin sich zum United-Airlines-Flug von London nach Los Angeles eincheckte, freute sie sich auf interessante Erkundungsgänge durch die kalifornische Millionenstadt. Nach der Landung sah sie Los Angeles aber nur durch die Gitterstäbe eines Gefangenentransporters. Beamte der Einwanderungsbehörde legten der 49-jährigen Britin bei der Ankunft auf dem Flughafen Handschellen an und teilten ihr mit, dass sie sofort abgeschoben werden sollte.
Ihr Verbrechen: Elena Lappin reiste zu Recherchen in die Vereinigten Staaten, ohne über ein spezielles Pressevisum zu verfügen. Dass sie ein solches Papier benötigte, wusste die Mitarbeiterin der Londoner Tageszeitung "The Guardian" nicht. Sie wurde in ein Abschiebezentrum in der Innenstadt gebracht und dort in eine Zelle gesperrt. In dem Raum gab es kein Bett, keinen Stuhl, nur zwei Stahlbänke und eine Toilette mit freiem Einblick von außen. 26 Stunden verbrachte Lappin in der Zelle, bevor sie nach Großbritannien abgeschoben wurde. "Ich fühlte mich wütend, hiflos und gedemütigt", erklärte sie in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP.
Längst kein Einzelfall
Elena Lappin ist kein Einzelfall. In den vergangenen 18 Monaten wurden mindestens 18 Journalisten aus Staaten, die die USA als freundlich gesonnen betrachten, auf Flughäfen festgenommen und abgeschoben. "Ausländische Korrespondenten in Handschellen zu legen und einzusperren, weil sie kein Visum haben - das ist nicht nur empörend, sondern verletzt auch die ideale einer freien und offenen Gesellschaft", sagt Tala Dowlatshahi vom amerikanischen Zweig der Organisation Reporter ohne Grenzen. Sie ist besorgt, dass sich das Problem in den kommenden Wochen verschärfen könnte, wenn ausländische Journalisten einreisen, um über den Präsidentschaftswahlkampf zu berichten.
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen verlangen nur Staaten wie Saudi-Arabien, Iran, Vietnam, Nordkorea und Kuba ein spezielles Visum für Journalisten. Bürger von 27 Staaten, darunter die meisten westeuropäischen Länder, können ohne Visum in die USA reisen und sich dort bis zu 90 Tage aufhalten. Von Journalisten wird aber ein besonderes "I-Visa" verlangt. Die Amerikanische Gesellschaft von Zeitungsredakteuren (ASNE) kritisierte dies in einem Brief an Außenminister Colin Powell und Heimatschutzminister Tom Ridge als diskriminierend.
Im Department of Homeland Security erklärt Sprecher Bill Strassberger jedoch, dass das Journalistenvisum schon 1952 eingeführt wurde. Die Einhaltung dieser Vorschrift werde allerdings seit den Terroranschlägen vom 11. September strenger überwacht. Genau darin liege das Problem, kritisieren die Presse-Organisationen. Das veränderte Verfahren sei nicht in angemessener Weise bekannt gemacht worden.
Nach einer Flut von Protestbriefen erklärte im Mai der Leiter der Zoll- und Grenzschutzbehörde, Robert Bonner, dass Journalisten auch ohne das korrekte Visum einmalig einreisen dürften. Hinterher müssten sie aber die nötigen Unterlagen nachreichen. Ein solcher Ermessensspielraum der Beamten vor Ort mache aber das ganze Verfahren noch unberechenbarer, kritisiert der französische Journalist Alexandre Alfonsi.
"Das war so willkürlich"
Der Reporter flog kürzlich nach Los Angeles, um für die Wochenzeitschrift "Tele 7 Jours" über eine Messe für Unterhaltungselektronik zu berichten. Während zwei Kollegen auf dem Flughafen durchgewunken wurden, verweigerten ihm die Beamten die Einreise. Als die beiden Kollegen nach ihm fragten, wurden sie dann doch noch festgehalten. "Das war so willkürlich", schimpfte Alfonsi. "Ich hatte alles, um zu beweisen, dass ich Journalist bin und ich dachte, dass sie mich zum Konsulat gehen lassen würden, damit ich dort das Visum besorge." Stattdessen wurden alle drei 25 Stunden später nach der Aufnahme von Fotos und dem Registrieren von Fingerabdrücken abgeschoben. "Wir mussten wie Verbrecher in Handschellen über den Flughafen laufen", sagte Alfonsi.
Die zuständige Leiterin der Zoll- und Grenzschutzbehörde auf dem Flughafen Los Angeles, Ana Hinojosa, bezeichnet diesen Umgang als Standard. "Es geht nicht um Demütigung oder Kriminalität, sondern um die Sicherheit des Beamten und der anderen Passagiere."