US-Studie 655.000 Iraker seit Kriegsbeginn getötet

Im Irak sind einer US-Studie zufolge seit Kriegsbeginn fast 655.000 Menschen getötet worden. Diese Zahl wurde sowohl von der irakischen Regierung als auch von den USA als "völlig überzogen" zurückgewiesen.

Nach Angaben des irakischen Gesundheitsministeriums wurden aber allein in Bagdad im September fast 2.700 Menschen Opfer der Gewalt. Das waren 400 mehr als im August, als irakische Sicherheitskräfte und US-Truppen eine Offensive starteten, um die Gewalt einzudämmen. Die Angriffe gehen sowohl von extremistischen Sunniten oder Schiiten als auch von Aufständischen und Terroristen aus.

Die Zahl von fast 655.000 Opfern für die Zeit seit der amerikanischen Invasion im März 2003 wurde in einer Untersuchung von US-Forschern genannt, die auf der Website der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht wurde. Das sind mehr als zehn Mal so viele wie bislang geschätzt. Die Zahlen beruhen auf einer Umfrage in irakischen Haushalten. US-Präsident George W. Bush wies die Angaben wenige Stunden nach Bekanntwerden zurück. Die Studie sei nicht glaubwürdig, erklärte er. Die irakische Regierung, die selbst keine Zahlen zu den Opfern nennt, erklärte, in der Studie seien alle Regeln der Genauigkeit in der Forschung missachtet worden. Die Zahlen seien "völlig überzogen" und "weit von der Wahrheit entfernt".

Bush verteidigt seine Irak-Politik

Die unabhängige Gruppe Iraqi Body Count schätzt die Zahl der getöteten Iraker auf 44.000 bis 49.000. Sie räumt aber auch ein, dass diese Zahlen nur auf Medienberichten beruhen, weshalb "viele, wenn nicht die meisten zivilen Opfer" übersehen wurden. Bush gestand ein, der Irak mache schwere Zeiten durch. "Es ist in unserem Interesse, dass der Irak Erfolg hat", fügte er hinzu. Der Präsident verteidigte erneut seine Irak-Politik und erklärte, er habe die Taktik den veränderten Umständen vor Ort angepasst.

Das US-Heer bereitet sich inzwischen darauf vor, die gegenwärtige Truppenstärke im Irak bis 2010 beizubehalten. Stabschef General Peter Schoomaker mahnte aber, in diese Planung solle nicht zu viel hinein interpretiert werden. Es sei aber einfacher, Truppen abzuziehen, als in letzter Minute Einheiten zur Entsendung vorzubereiten. "Das ist keine Vorhersage, dass sich die Dinge besser oder schlechter entwickeln", sagte Schoomaker.

Morde aus Rache an der Tagesordnung

Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, erklärte in Genf, Morde aus Rache seien im Irak an der Tagesordnung. Er verwies darauf, dass nach den Statistiken täglich rund 100 Menschen einem Gewaltverbrechen zum Opfer fielen. Die Gewalt richte sich gegen Polizisten, Soldaten, Richter und Anwälte. Frauen würden immer häufiger Opfer so genannter Ehrenmorde. Deshalb seien in den vergangenen acht Monaten mehr als 300.000 Menschen aus ihren Häusern geflüchtet.

Aufständische schossen am Dienstagabend in Bagdad ein Munitionslager der US-Streitkräfte in Brand. Eine Serie von Explosionen erschütterte die Umgebung im Umkreis von mehreren Kilometern, die Druckwelle beschädigte mehrere Gebäude. Ein Sprecher des US-Stützpunkts Falcon erklärte am Mittwoch, von einem nahe gelegenen Wohngebiet aus seien Granaten abgefeuert worden. Im Internet bekannte sich die Gruppe Islamisches Heer im Irak zu dem Anschlag und erklärte, sie habe den Stützpunkt mit zwei Raketen und drei Granaten angegriffen.

AP
Lee Keath/AP