Für Insider war es weniger die Frage, ob Mark Penn (54) geht, sondern vielmehr wann. Zwar gilt der bisherige Chefstratege von Hillary Clintons Wahlkampf, der stets überarbeitet und gehetzt wirkt, als brillantes Hirn, als Meister der Umfragen, Zahlen und Wählertrends. Doch leiden mochte ihn im Team der Senatorin kaum jemand, und nicht nur wegen seines Umgangstons, der immer wieder als ruppig beschrieben wird. Vor allem kreiden ihm Clintons Helfer an, dass seine Strategie nicht die erhoffte schnelle Entscheidung im Rennen um die Nominierung der Demokraten brachte. Penns Einsatz für ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien, das die frühere First Lady ablehnt, "war nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte", meint John Harris, Chefredakteur der US-Zeitung "Politico".
Clintons Wahlkampfleiterin Maggie Williams gab den Rücktritt Penns bekannt. Clinton sei sehr enttäuscht, verlautete aus ihrem Team. Penns Umfragefirma Penn. Schoen and Berland Associates wird aber weiter für Clinton tätig sein. Penns bisherigen Aufgaben würden von Kommunikationschef Howard Wolfson und Umfrageleiter Geoff Garin übernommen, kündigte Williams an. Sie selbst leitet erst seit dem 10. Februar das Wahlkampfteam, nachdem ihre Vorgängerin Patti Solis Doyle nach einige Niederlagen zurückgetreten war.
Umfragen zeigen schwindenden Vorsprung
Für Hillary Clinton ging es um nicht weniger als die eigene Glaubwürdigkeit, die zuletzt durch ihre Fantasiegeschichte vom Heckenschützen-Beschuss während eines Bosnien-Besuchs 1996 arg gelitten hatte. Vor der enorm wichtigen Vorwahl in Pennsylvania am 22. April gibt sie sich als Anwältin der kleinen Leute, der Arbeiter, die im Zuge von Globalisierung und Zollabbau ihre Jobs verlieren - von denen es in dem wirtschaftlich gebeutelten Bundesstaat eine Menge gibt. Entsprechend war sie gegen Freihandelsabkommen mit Billiglohnländern zu Felde gezogen. Da passte es kaum, dass ausgerechnet ihr wichtigster Stratege als Chef einer Public-Relations-Firma einen 300.000-Dollar-Auftrag der kolumbianischen Regierung an Land zog, Kongressmitglieder für einen solchen Vertrag zu gewinnen.
Peinlich auch, dass Clinton erst vor wenigen Wochen einen ähnlichen Patzer ihres Rivalen Barack Obama genüsslich ausweidete. Damals hatte sich ein Berater des schwarzen Senators mit kanadischen Vertretern getroffen, um die Kritik des schwarzen Senators am Nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA zurechtzurücken.
Dass Penn nun den Hut nahm oder nehmen musste, zeige, "wie ernst die Clintons das Überschreiten dieser Grenze nehmen", sagte der demokratische Wahlstratege Steve McMahon dem US-Sender CNN. In Pennsylvania, wo ein Sieg der früheren First Lady eigentlich lange Zeit als ausgemacht galt, wird es nämlich für sie immer knapper. Einem Querschnitt von Umfragen zufolge liegt sie dort nur noch sieben Prozentpunkte vor ihrem Konkurrenten, wie CNN berichtete. Dabei gehörte Penn praktisch zum Wahlkampf-Inventar des Polit-Ehepaars. 1996 schon half er Bill Clinton, sich eine zweite Amtszeit als Präsident zu sichern. 2000 dann zeichnete er als Chefberater für Hillary Clintons Einzug in den US-Senat verantwortlich.
Nach all den Erfolgen lag Mark Penn mit seiner jüngsten Strategie Kritikern zufolge ziemlich daneben. Er riet dazu, dass sich die Senatorin im Vorwahlkampf auf große Bundesstaaten konzentriert und die kleinen vernachlässigt - wo Obama dann abräumte und sich so einen guten Vorsprung sicherte. Auch habe der Chefstratege schon früh wenig davon gehalten, dass Hillary Clinton ihre weiche, menschliche Seite zeige, schreibt die "New York Times". Vielmehr sollte sie Erfahrung und Kompetenz in den Vordergrund rücken. Als das Konzept nicht recht aufgehen wollte, befürwortete er schärfere Angriffe gegen Obama - was seine Wahlkampfkollegen ebenfalls höchst skeptisch sahen. Doch Clinton hätte Penn viel früher entlassen sollen, schreibt der Blogger Dylan Loewe im bekannten Blog Huffington Post. Nun sei es zu spät, um vor der Wahl in Pennsylvania eine bessere Strategie zu entwickeln.
In Clintons Lager herrsche "Frust und Enttäuschung" darüber, dass der erhoffte, schnelle Erfolg bei den Vorwahlen bislang ausgeblieben sei, weiß Steve McMahon. Und "Politico"- Chefredakteur John Harris ist sich nach dem Abgang Penns sicher, "dass jetzt eine Menge Leute jubeln werden". Künftig sei "ein weniger kämpferischer und mehr auf Clintons Stärken zugeschnittener Wahlkampf zu erwarten", sagte ein demokratischer Wahlstratege der Zeitung "Washington Post". "Es ist davon auszugehen, dass es nun zu weniger Zank kommt."