Shutdown verhindert, aber neue Ukraine-Hilfen blockiert: Wenige Stunden vor einer drohenden Haushaltssperre hat der US-Kongress einen Übergangshaushalt verabschiedet und damit einen sogenannten Shutdown abgewendet. Der Senat stimmte am Samstagabend (Ortszeit) mit breiter Mehrheit für einen zuvor vom Repräsentantenhaus beschlossenen Text, der eine Finanzierung der Bundesbehörden bis zum 17. November sicherstellt, aber keine zusätzlichen Ukraine-Hilfen enthält. US-Präsident Joe Biden setzte den Übergangshaushalt kurz vor Ablauf der Frist um Mitternacht (Ortszeit, 06.00 Uhr MESZ) mit seiner Unterschrift in Kraft.
Biden forderte den Kongress umgehend nach der Abstimmung im Senat auf, neue Mittel für Kiew in einem separaten Gesetz freizugeben. "Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass amerikanische Hilfe für die Ukraine unterbrochen wird", mahnte der Präsident. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, müsse seine Verpflichtung gegenüber "dem ukrainischen Volk" einhalten und neue Hilfen durch die Kongresskammer bringen.
Mit dem Senatsvotum mit einer Mehrheit von 88 Ja-Stimmen bei neun Gegenstimmen wurde nur drei Stunden vor Ablauf der entscheidenden Frist eine Haushaltssperre verhindert. Hätten sich Demokraten und Republikaner nicht in letzter Minute geeinigt - wonach es lange aussah – wäre um Mitternacht (Ortszeit) zu Beginn des neuen Haushaltsjahres der Shutdown in Kraft getreten. Hunderttausende Staatsbedienstete hätten dann in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt und zahlreiche öffentliche Einrichtungen geschlossen werden müssen.
Haushaltsstreit nur aufgeschoben
Der Haushaltsstreit hatte Washington schon seit Wochen in Atem gehalten. Im Zentrum standen rechte Hardliner bei den Republikanern im Repräsentantenhaus, die massive Ausgabenkürzungen fordern – und sich auch gegen die von Biden geforderten neuen Ukraine-Hilfen in Höhe von 24 Milliarden Dollar (22,7 Milliarden Euro) stemmen. Im Repräsentantenhaus stellen die oppositionellen Republikaner die Mehrheit, während der Senat von Bidens Demokraten kontrolliert wird.
Im Verlauf der Woche legten zunächst Senatoren von Republikanern und Demokraten einen Kompromissvorschlag für einen Übergangshaushalt vor, der rund sechs Milliarden Dollar an neuen Ukraine-Hilfen umfasst hätte. Der vom Rechtsaußen-Flügel seiner Fraktion unter Druck gesetzte McCarthy lehnte den Text ab und legte einen eigenen Vorschlag vor. Dieser scheiterte aber am Freitag im Repräsentantenhaus am Widerstand der ultrarechten Hardliner. Die Zeichen standen damit auf Shutdown.
McCarthy legte dann aber am Samstag in einer dramatischen Wendung einen neuen Vorschlag für einen Übergangshaushalt vor, der eine Finanzierung der Bundesbehörden für rund 45 Tage sicherstellt und damit Zeit für neue Haushaltsverhandlungen schafft. Allerdings enthielt dieser Text keine neuen Ukraine-Hilfen.
Im Kongress kam es zu turbulenten Szenen: Während die Demokraten den Text prüften, löste einer ihrer Abgeordneten, Jamaal Bowman, einen Feueralarm in einem Kongressgebäude aus. Bowmans Büro erklärte, es habe sich um einen Unfall gehandelt. Die Republikaner warfen dem Abgeordneten aber vor, versucht zu haben, das Verfahren zu verzögern.
USA: Demokraten unterstützten McCarthys Antrag
Der Text passierte schließlich mit einer klaren Mehrheit von 335 zu 91 Stimmen das Repräsentantenhaus, wobei mehr Demokraten für McCarthys Text stimmten als Republikaner. Die Demokraten waren zwar verbittert über die Streichung neuer Ukraine-Hilfen, wollten aber unter allen Umständen eine Haushaltssperre verhindern. Gegen 21.00 Uhr (Ortszeit) wurde der Text dann vom Senat angenommen. Das Weiße Haus gab gegen 23.15 Uhr die Unterzeichnung des Textes durch Biden bekannt.
In den USA ist es in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt zu einer Haushaltssperre gekommen. Die letzte ereignete sich im Dezember 2018 und Januar 2019 unter dem damaligen Präsident Donald Trump – und war mit 35 Tagen die längste der US-Geschichte. Hintergrund war damals der Streit um den von Trump gewollten Bau einer Grenzmauer zu Mexiko.