Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 ist der ungarische Regierungschef Viktor Orban am Dienstag in die Ukraine gereist. Orban führe in Kiew "Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj", sagte sein Sprecher Bertalan Havasi nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI. "Das wichtigste Gesprächsthema ist die Möglichkeit, Frieden zu schaffen", fügte er hinzu.
Das Treffen zwischen Orban und Selenskyj, die sich im Dezember bei der Amtseinführung des argentinischen Präsidenten Javier Milei und in der vergangenen Woche beim EU-Gipfel in Brüssel kurz begegneten, wurde nach Angaben aus ukrainischen Regierungskreisen seit Monaten vorbereitet.
Andere EU-Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter weiterer westlicher Verbündeter der Ukraine reisen regelmäßig zu Solidaritätsbesuchen nach Kiew.
Ungarn hatte am Montag turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres übernommen. Orban unterhält trotz des russischen Angriffskrieges enge Beziehungen zu Moskau. Im Oktober 2023 nahm er zusammen mit Kreml-Chef Wladimir Putin am Seidenstraßen-Forum in Peking teil. Es war das erste Treffen eines EU-Staats- und Regierungschefs mit Putin seit Kriegsbeginn.
Orban zuletzt 2012 in der Ukraine
Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Ungarn sind allerdings schwierig. Orban hat sich wiederholt gegen EU-Hilfen für das von Russland angegriffene Land gestellt und pflegt weiterhin gute Beziehungen zur Regierung in Moskau. Innerhalb der EU und der Nato zählt das Land zu den größten Kritikern der Finanz- und Militärhilfen für die Ukraine.
Sanktionen gegen Russland und Finanzhilfen der EU für Kiew hat Orban mehrfach verzögert. Zudem kritisierte er die Eröffnung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine.
Gleichzeitig ist Ungarn stark von russischen Gaslieferungen abhängig, die trotz des Kriegs teilweise durch die Ukraine fließen. Kiew will den zum Jahresende auslaufenden Vertrag aber nicht verlängern.
Ein weiterer Streitpunkt sind die Rechte der ungarischen Minderheit in der Ukraine, als deren Schutzpatron sich Orban seit Jahren inszeniert. Bei einem Fußballspiel provozierte der 61-Jährige zudem mit einem Schal, auf dem die Umrisse von Großungarn aus dem Jahr 1920 zu sehen waren. Zu der Zeit gehörte unter anderem das heute in der Ukraine liegende Transkarpatien zu Ungarn.
In der Ukraine war Orban das letzte Mal 2012. Zu der Zeit war noch der später nach Russland geflohene Viktor Janukowitsch als Präsident im Amt – und die Krim war noch nicht von Russland annektiert.