Die Reichsbürger-Akte "Hoffentlich dauert es nicht mehr lange": Wie eine AfD-Politikerin ein mutmaßliches Spähkommando ins Parlament einschleuste

Verschwörerin im Bundestag: Die AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann
Verschwörerin im Bundestag: Die AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann
© Stern Montage: Getty Images; Picture Alliance/ dpa
Die ehemalige AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann ist wegen Terrorverdachts angeklagt, als mutmaßliches Mitglied der Gruppe um Prinz Reuß. Akten zeigen, wie sie sich radikalisierte. Und dass Parteifreunde von der AfD sie in Haft besuchten.

In der honiggelben Küchenzeile türmten sich Lebensmittel auf bis unter die Oberschränke. Eierkartons, Milchtüten, Chips, Rotwein. Der Flur stand voller Kisten. Im Keller lagerten Erbsensuppekonserven palettenweise, dazu Brennspiritus und Kerzen. Eine Badewanne war bis zum Rand mit Wasser befüllt, das schon grünlich schimmerte. Es sollte wohl als Trinkwasserreservoir dienen, glauben Ermittler. Hier also lebte die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann in ihrem Reihenhaus im Berliner Villenviertel Wannsee und wartete auf den Tag X. Auf den Zusammenbruch des demokratischen Systems.

Der Tag X kam nicht, dafür aber der 7. Dezember 2022. Der Tag, an dem rund zwei Dutzend Polizisten das Haus stürmten und die blasse Frau mit Pferdeschwanz festnahmen. Zeitgleich durchsuchten etwa 3000 Beamte in elf Bundesländern weitere Wohnungen und Häuser. Mittlerweile sitzt Malsack-Winkemann, heute 59 Jahre alt, in der JVA Lichtenberg, dem Berliner Frauengefängnis. Der Generalbundesanwalt hat sie vor kurzem angeklagt, außerdem 26 weitere Beschuldigte. Es ist eines der größten Terrorverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik.

Malsack-Winkemann war nach Reichsbürger-Putsch als "Justizministerin" vorgesehen

Vorgeworfen wird Birgit Malsack-Winkemann die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Sie soll Teil der Gruppe um den Frankfurter Immobilienhändler Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen sein. Laut der Anklageschrift habe die Gruppe vorgehabt, den Bundestag zu stürmen, die Bundesregierung gewaltsam auszuschalten und einen sogenannten Rat als übergangsregierung einzusetzen – selbst wenn das Menschenleben hätte kosten können. Nach dem Umsturz hätte demnach der Prinz zum deutschen Staatsoberhaupt ernannt werden sollen, Malsack-Winkemann war als Justizministerin im Gespräch.

Laut den Ermittlern waren sie und ihr Zugang zum Bundestag ein elementarer Teil des Vorhabens. Von 2017 bis 2021 saß Malsack-Winkemann für die AfD als Abgeordnete im Parlament. Und wie üblich behielt sie auch danach einen Zugangsausweis zum Parlament. Die Gruppe hatte bereits begonnen, eine eigene Untergrundarmee aus Polizisten und ehemaligen wie aktiven Angehörigen der Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte zu planen. Malsack-Winkemann führte ein Spähkommando der Untergrundarmee durch den Bundestag. Sie, die Richterin am Berliner Landgericht war und einen Amtseid auf die deutsche Verfassung geleistet hatte.