Ärztehonorar-Streit Ulla Schmidt vor schwieriger Operation

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will abschaffen, dass Ärzte Privatkrankenkassen höhere Honorare in Rechnung stellen dürfen als gesetzlichen Krankenversicherungen. Bei den Medizinern ist der Aufschrei groß.

Kurz vor Beginn ihrer nächsten Amtszeit bringt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Ärzte und Verbände gegen sich auf. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe wirft ihr vor, Sozialneid zu schüren, "um vom eigenem Versagen abzulenken". Was für neuen Zündstoff im traditionell nicht unproblematischen Verhältnis zwischen Ministerium und Ärzten sorgt, ist das Rütteln an Honoraren für die Mediziner. Schmidt will das Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten (PKV) angleichen und damit mehr Gerechtigkeit für alle Patienten schaffen.

Die Ministerin ruft zugleich den Kampf gegen die Lobby aus. "Ich wünsche mir bei allen drei Koalitionspartnern die Nervenstärke, dass alle sagen: Bis die Fusionen und die echte Kostendämpfung erfolgt sind, setzen die Lobbyisten bei uns keinen Fuß mehr in die Tür." Trotz großer Meinungsunterschiede in der Frage nach einer Finanzierungsreform im Gesundheitswesen seien sich Union und SPD bereits darin einig, die Gebührenordnung für Ärzte zu ändern und Fallpauschalen einzuführen ähnlich wie im Krankenhausbereich. "Es ist wahnsinnig schwierig, aber es ist eine Frage der Gerechtigkeit."

Gleiche Leistung, gleiches Honorar

Was ist Schmidts Ziel? Wer gut verdient, zahlt derzeit in die gesetzliche Krankenversicherung zum Teil hohe Beiträge ein, muss aber beim Arzt damit rechnen, dass ein Privatpatient früher an die Reihe kommt. Die Ministerin will, dass für eine medizinische Leistung künftig das gleiche Honorar gezahlt wird. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die niedergelassenen Ärzte befürchten, dass die Gebühren für Leistungen von Privatärzten nun gesenkt werden sollen.

Unterschiedliche Systeme

Die Kassenärzte haben Bedenken. Sie führen an, dass die Systeme völlig unterschiedlich sind - die PKV beruht auf einer individuellen Risikokalkulation, die GKV auf dem Sachleistungsprinzip. Nach diesem Prinzip bekommen die Versicherten die erforderliche medizinische Leistung, wofür die Kassen Verträge mit Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken schließen. "Ob der Arzt einen Blinddarm operiert, der einem Privatversicherten gehört, oder einem gesetzlich Versicherten - die medizinische Leistung ist dieselbe", argumentiert Schmidt.

Aufforderung zur Fusion

Die Kassenärztliche Vereinigung ist unter anderem dafür zuständig, Verträge mit den Kassen auszuhandeln. Ulla Schmidt will die Aufgaben beschneiden. An der Aushandlung von Hausarztpauschalen sollen Kassenärzte nur noch mitbeteiligt sein. Da droht Streit. Das Konfliktpotenzial mit den Kassen ist nicht weniger klein. Schmidt fordert, dass sie mit Fusionen und anderen Einsparungen Beitragserhöhungen vermeiden. Von rund 260 Kassen sollen 30 bis 50 übrig bleiben. Die BKK Niedersachsen-Bremen warnt: "Der Wettbewerb um die beste Versorgung wird erlahmen, wenn es nur noch ein paar Großkassen gibt."

Doch Schmidt betont: "Der Staat hat kein Geld mehr. Er steht für zusätzliche Notoperationen nicht zur Verfügung." Die größte Operation steht ihr noch bevor: die große Finanzierungsreform. In den Koalitionsverhandlungen hatten Schwarz-Rot die heikle Entscheidung für Gesundheitsprämie der Union oder Bürgerversicherung der SPD erst einmal verschoben. Im kommenden Jahr soll das nachgeholt werden.

DPA
Marc-Oliver von Riegen/DPA