Arbeitslosenzahlen Reform-Debatte verschärft sich

Durch die aktuelle Arbeitslosenstatistik ist die Debatte um Schröders Reformvorschläge noch schärfer geworden: Die Opposition wirft ihm Versagen vor, die Gewerkschaften kündigen erbitterten Widerstand an.

Die höchste März-Arbeitslosenzahl seit 1998 hat den Streit um die Reformen der Regierung verschärft. Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement rechnet wegen der unsicheren Konjunkturentwicklung vorerst nicht mit einer Entspannung am Arbeitsmarkt. Die Union machte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seine "wirtschaftsfeindliche Politik" für die Misere verantwortlich. Die Gewerkschaften schlugen schärfere Töne an und kündigten die Mobilisierung ihrer Basis gegen die Reformpläne an.

BA-Prognose nicht haltbar

Im März waren nach Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) 4.607.900 Menschen in Deutschland ohne Arbeit. Das waren zwar 98.300 weniger als im Februar, aber 451.900 mehr als im März 2002. BA-Chef Florian Gerster rechnet inzwischen damit, das wegen der ungünstigen Entwicklung die Bundesanstalt 2003 erneut nicht ohne Bundeszuschuss auskommt. Die BA-Prognose von durchschnittlich 4,1 Millionen Arbeitslosen für 2003 hält Gerster inzwischen für nicht mehr haltbar.

Ist der Krieg schuld

Clement führte die nur schwache Erholung auf den Krieg im Irak und die damit verbundene unsichere weltwirtschaftliche Entwicklung zurück. "Die Lage ist weiterhin sehr ernst, Entspannung nicht in Sicht." Deshalb müssten die angekündigten Reformen "ohne jeden Zeitverzug" umgesetzt werden.

"Unser Problem heißt Schröder"

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf dem Kanzler vor: "Unsere Probleme sind hausgemacht, unser Problem heißt Schröder." Deutschland habe in den vergangenen drei Jahren als eines der wenigen EU-Länder überhaupt einen Anstieg der Arbeitslosenquote zu verkraften. "Besonders gravierend" sei der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit.

Beschleunigung der Abwärtsspirale

Für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zeigen die Märzzahlen, dass sich die Abwärtsspirale auf dem Arbeitsmarkt weiter beschleunigt hat. Für die schlechte Situation auf dem Arbeitsmarkt sei die lang dauernde Wachstumsschwäche ausschlaggebend. "Unsere Volkswirtschaft muss endlich durch zügige und weit reichende Reformen aus ihrer schweren Strukturkrise geführt werden", forderte Hundt. Industrie-Präsident Michael Rogowski erwartet von den Reformen keine schnelle Wende zum Besseren. Zwei bis drei Jahre werde es dauern, bis sich die Strukturreformen nachhaltig durchsetzten, sagte er im ZDF.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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DGB kündigt Proteste gegen Reformen an

Der DGB will im Mai mit sieben oder acht dezentralen Aktionstagen gegen die Sozialreformen protestieren, die zum Teil tiefe Einschnitte für Arbeitslose bringen. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer erneuerte seine Kritik an den Plänen Schröders. Die Gewerkschaften in Deutschland seien gezwungen, "weiter Druck zu machen". IG Metall-Vize Jürgen Peters hatte zuvor einen "heißen Mai" angekündigt.

Warnungen an die Gewerkschaften

Der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Rainer Wend (SPD), warnte die Gewerkschaften vor den Konsequenzen eines Scheiterns der Reformpläne. Die Alternative seien "Neuwahlen oder eine andere Koalition", sagte Wend dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Beim SPD-Gewerkschaftsflügel herrscht dagegen weiter Unmut über die Pläne. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner sagte im NDR, ein Teil der Fraktion könne den Vorschlägen nicht zustimmen.

FDP will den Kündigungsschutz lockern

Die FDP will durch weit reichende Lockerungen beim Kündigungsschutz den Arbeitsmarkt beflügeln. Generalsekretärin Cornelia Pieper schlug in der "Sächsischen Zeitung" ein Vier-Punkte-Programm vor, nach dem der Kündigungsschutz erst nach zweijähriger Betriebszugehörigkeit und in Betrieben ab mindestens 15 Beschäftigten gelten soll. Derzeit gilt er in Betrieben mit mindestens fünf Beschäftigten.