Arbeitsmarkt Kabinett beschließt Mindestlohn-Gesetze

Nach monatelangem Ringen hat sich die Koalition auf gesetzliche Regeln für weitere Branchen-Mindestlöhne geeinigt. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Michael Glos sprechen von einem großen Erfolg, dabei ist nach wie vor offen, welche Branchen künftig ebenfalls Mindestlöhne erhalten.

Nach zähem Streit hat die Große Koalition das neue Entsendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungengesetz verabschiedet. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) lobten den Kompromiss. Allerdings erzielten sie keine Einigung in der nach Ansicht von Experten entscheidenden Streitfrage, welche konkreten Branchen Mindestlöhne per Entsendegesetz bekommen sollen. Da die Gesetze somit eher einen Rahmen für künftige Verhandlungen festlegen, dürfte deren Ausgestaltung für weiteren Streit zwischen Union und SPD sorgen.

Scholz sagte, mit dem Regierungsbeschluss sei der Weg frei für mehr Mindestlöhne in mehr Wirtschaftszweigen. "Das ist ein guter Tag für viele Arbeitnehmer, die hart arbeiten und wenig verdienen. Und es ist ein guter Tag für die Koalition." Beim Entsendegesetz könnten künftig nur repräsentative Tarifverträge Grundlage für allgemeinverbindliche Mindestlöhne sein, betonte der Arbeitsminister. "Damit ist erstmals sichergestellt, dass das Gesetz nicht mit neu gegründeten oder gar willfährigen Gewerkschaften umgangen werden kann."

Wirtschaftsminister Glos betonte, auf sein Betreiben sei verhindert worden, dass es einen staatlich festgesetzten Mindestlohn gibt. "Wir haben eine möglichst wirtschaftsfreundliche Lösung durchgesetzt", sagte der CSU-Politiker. Der Staat halte sich weiter aus der Lohnfindung heraus. Darüber hinaus habe die Bundesregierung nun bei jedem Schritt zur Aufnahme weiterer Branchen ins Entsendegesetz "gemeinsam ein Vetorecht".

Auf Grundlage des Mindestarbeitsbedingungengesetz darf die Regierung künftig zwar per Verordnung Mindestlöhne in Wirtschaftszweigen festlegen, in denen weniger als 50 Prozent der Arbeitnehmer nach Tarif bezahlt werden. Glos setzte jedoch durch, dass die Verordnung zeitlich befristet werden kann. Damit könnte eine neue Regierung den Mindestlohn praktisch wieder aufheben. In dem Gesetz sei zudem festgelegt worden, dass dieses nur bei "Störungen des sozialen Gleichgewichts" angewendet werden könne. Glos zog das Fazit: "Das ist insgesamt nicht nur ein Erfolg der Bundesregierung, sondern vor allem auch ein Erfolg des Wirtschaftsministers."

Ungewöhnliche Nachverhandlungen

Arbeits- und Wirtschaftsministerium sowie das Kanzleramt hatten am Dienstag bis in die Nacht in einer höchst ungewöhnlichen Nachverhandlung unmittelbar vor der Kabinettsbefassung noch einmal stundenlang gestritten.

Acht Wirtschaftszweige hatten bis Ende März die Aufnahme in das Entsendegesetz beantragt, darunter die Zeitarbeitsbranche und das Wachgewerbe. Das Entsendegesetz regelt derzeit bereits, dass unter anderem am Bau, für die Gebäudereiniger und für die Briefdienstleister tariflich vereinbarte Mindestlöhne für alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gleichermaßen gelten.

AP · Reuters
Reuters/AP