Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle beharrt trotz aller Bedenken in der Union auf massiven Steuersenkungen. Die Steuerentlastung sei im Koalitionsvertrag vereinbart, er habe keinen Zweifel daran, dass die Union ihre Zusagen einhalten werde, sagte der FDP-Politiker am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Koalition habe klare Verträge. Die Krise sei noch nicht überwunden. Zunächst müsse es Wachstum geben, erst dann könne der Haushalt konsolidiert werden.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet in ihrer Dienstagausgabe, in der Koalition werde der Widerstand gegen die FDP-Pläne immer größer. In der Regierung heiße es inzwischen, die Reform müsse abgespeckt, verschoben oder durch Einsparungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden. Sonst sei sie nicht zu verantworten. Die Bedenken werden dem Bericht zufolge von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geteilt.
Um einen Ausweg zu finden, werden nach Informationen des Blattes im Finanzministerium derzeit unterschiedliche Modelle berechnet. Das Problem dabei sei der von den Liberalen geforderte steuerliche Stufentarif. Um ihn einführen zu können, müsste die Steuerlast im Vergleich zum jetzigen Stand um mindestens 15, wahrscheinlich sogar um 20 Milliarden Euro verringert werden.
Anderenfalls würden zwar viele Bürger sehr stark entlastet, einige wenige Gruppen müssten aber womöglich sogar mehr Steuern zahlen als bisher. Das wolle die Koalition in jedem Fall vermeiden, heißt es in dem Bericht. Deshalb sei auch eine Streckung oder Verschiebung der Reform auf 2012 oder 2013 denkbar.
Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP, Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle, wollen am kommenden Sonntag im Kanzleramt das weitere Vorgehen der Koalition besprechen. Mit konkreten Entscheidungen ist dabei noch nicht zu rechnen.