BERLINER KRISE Bakschisch wie in einer Bananenrepublik

Der derzeitige Skandal um die Milliardenverluste bei der Bankgesellschaft Berlin ist kein einmaliger Fall. Mit ihm tritt eine seit Jahrzehnten beklagte »Berliner Krankheit« erneut auf: die allzu enge Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Verwaltung.

Der derzeitige Skandal um die Milliardenverluste bei der Bankgesellschaft Berlin ist kein einmaliger Fall. Mit ihm tritt eine seit Jahrzehnten beklagte »Berliner Krankheit« erneut auf: die allzu enge Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Sie brachte die politischen Akteure immer wieder ins Straucheln. Im folgenden ein Überblick über Affären der Vergangenheit.

Die KREISEL-AFFÄRE: 1968 stellte die Architektin Sigrid Kressmann-Zschach wenige Jahre nach der Eröffnung des Europa-Centers ihre Pläne für ein noch prächtigeres, 120 Meter hohes Turmgebäude vor, den Steglitzer Kreisel. In ihm sollten auch ein U- und ein Busbahnhof Platz finden. Kostenvoranschlag: 180 Millionen Mark. 35 Millionen davon versprach Berlin für die Verkehrsbauten beizusteuern und bürgte für insgesamt 42 Millionen Mark. Im April 1974 musste die Architektin Konkurs anmelden. Ein Untersuchungsausschuss brachte zu Tage, dass vor allem Finanzsenator Heinz Striek und Bausenator Rolf Schwedler (beide SPD) leichtfertig den Finanzierungs- und Baukünsten der Architektin vertraut hatten. Striek verlor im April 1975 sein Senatorenamt.

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stern.de-Forum: Bakschisch wie in einer Bananenrepublik. Was sagen Sie zu den Berliner Verhältnissen?

stern Nr. 25/2001: »Nur dann trete ich an« - PDS-Politiker Gregor Gysi über seine mögliche Kandidatur als Regierender Bürgermeister von Berlin.

Gregor Gysi im Chat - Lesen Sie das Protokoll vom 12.06.2001.

stern Nr. 25/2001 Ein Mann ohne Manschetten - Klaus Wowereit bekennt sich zu seiner Homosexualität.

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Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Der KPM-SKANDAL: Bei der Staatlichen Porzellanmanufaktur KPM erreichte der Senatsdirektor Dieter Schwäbl (SPD) zusammen mit dem KPM-Verwaltungsrat, dass Jürgen Grimming, der persönliche Referent des Bürgermeisters Kurt Neubauer (SPD), den Posten des kaufmännischen Direktors bekam. Wenige Wochen später ließ sich Grimming beurlauben,

weil er als Nachrücker in den Bundestag einziehen konnte. Zuvor gewährte er noch zwei der SPD angehörenden Abteilungsleitern eine Gehaltserhöhung. Schwäbl und Senator Harry Liehr (SPD), den er falsch informiert hatte, verloren ihre Posten. Die Vorgänge trugen 1977 zum Sturz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Schütz (SPD) bei.

Die GARSKI-AFFÄRE: Dem Architekten Dietrich Garski gewährte der Senat im Herbst 1978 für Bauvorhaben in arabischen Ländern eine Bankbürgschaft. Der Bürgschaftsrahmen wurde bis auf 112 Millionen Mark erweitert. Die letzte Aufstockung um 25,8 Millionen Mark wurde am 1. Juli 1980 bei einem Chefgespräch des Regierenden Bürgermeisters Dietrich Stobbe (SPD) mit Finanzsenator Klaus Riebschläger (SPD) und Wirtschaftssenator Wolfgang Lüder (FDP) genehmigt. Alle drei waren gut ein halbes Jahr später nicht mehr im Amt, nachdem Garski Ende 1980 zahlungsunfähig geworden war. Als Folge des Skandals löste Hans- Jochen Vogel (SPD) im Januar 1981 Stobbe ab. Im Juni 1981 folgte nach vorgezogenen Wahlen ein von Richard von Weizsäcker geführter CDU- Minderheitssenat.

Der ANTES-SKANDAL: Ein Notizkalender des Baufinanziers Kurt Franke löste Anfang 1986 in West-Berlin ein politisches Beben aus. Franke hatte vermerkt, welche Parteigrößen mit Geld bedacht worden waren. Die Staatsanwaltschaft war auf ihn gestoßen, nachdem Baustadtrat Wolfgang Antes (CDU) wegen Korruptionsverdachts in Haft gekommen war. Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hatte insgesamt 75 000 Mark erhalten und an seine Partei abgeliefert. Ex- Finanzsenator Klaus Riebschläger (SPD) verwendete 10 000 Mark als »persönliche Wahlkampfspende«. FDP-Senator Horst Vetter bekam 10 000 Mark, die er der Parteikasse zuführte. Antes kassierte von Franke und anderen für Baugenehmigungen, Pachtverträge und die Freistellung von Bauauflagen insgesamt 300 000 Mark und wurde deshalb 1986 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Diepgens Wahlniederlage vom Januar 1989 galt als Spätfolge des Skandals.

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