Berliner Rede Bildung schlägt Extremisten

Eine bessere Bildung hilft im Kampf gegen Populisten und Fanatiker, sagt Bundespräsident Horst Köhler. Bei einer Grundsatzrede hat er deshalb einen Bildungs-Kraftakt gefordert. Köhler sprach sich auch für ein kostenloses Kindergarten-Pflichtjahr aus.

Bundespräsident Horst Köhler verlangt einen gemeinsamen Kraftakt zur Modernisierung der Bildung in Deutschland. Andere Nationen wandelten sich "mit Begeisterung zu Wissensgesellschaften", Deutschland tue sich dagegen schwer, sagte Köhler in einer Grundsatzrede zur Bildungspolitik in einer Berliner Hauptschule. Aber auch die die deutsche Demokratie brauche mehr Bildung, damit junge Menschen "Populisten, Extremisten und religiösen Fanantikern" besser widerstehen können, fügte der Bundespräsident hinzu.

"Islamunterricht ist überfällig"

Köhler sprach sich zugleich für einen gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern aus. Religionsunterricht nannte der Bundespräsident "unverzichtbar". Auch halte er die Einführung von Islamunterricht von gut ausgebildeten Lehrern in deutscher Sprache "für überfällig". Zugleich dürften bei den knappen Schul- und Lernzeiten Fächer wie Musik, Kunst und Sport nicht zu kurz kommen.

Köhler sprach sich zudem für ein Kindergarten-Pflichtjahr vor dem Schulstart aus. "Ich bin für ein verpflichtendes und möglichst kostenfreies letztes Kindergartenjahr", sagte Köhler. Die ersten Lebensjahre der Kinder seien entscheidend für ihre Bildungschancen und damit auch für die spätere persönliche Entwicklung und die beruflichen Chancen. Dies gelte besonders für Kinder, die durch ihre soziale Herkunft oder einen Migrationshintergrund benachteiligt seien. Köhler forderte in der "Bildung für alle" überschriebenen Rede verpflichtende Sprachprüfungen vor dem Schulbeginn.

Köhler will soziales Pflichtjahr

Der Bundespräsident setzte sich auch für ein soziales Pflichtjahr für Jugendliche nach dem Schulabschluss ein. "Alle, die das so sehen und die so denken, gehören an einen Tisch, um jungen Leuten so schnell wie möglich mehr Chancen zum Engagement zu bieten." Köhler nannte keine Details, etwa ob ein solches Pflichtjahr eine Alternative zu Wehr- und Zivildienst sein soll.

Er appellierte an die Politiker in Bund und Ländern, mehr Geld für Bildung bereitzustellen und lieber an anderen Stellen zu kürzen. "Unsere Bildungsausgaben sind insgesamt zu niedrig", kritisierte er. "Deshalb müssen wir den Mut und die politische Kraft haben, anderes zu Gunsten der Bildung nötigerweise zurückzustellen.

Köhlers erste "Berliner Rede"

Mit seiner Rede setzte Köhler die Tradition der "Berliner Reden" fort, die der damalige Bundespräsident Roman Herzog 1997 begründet hatte. Herzog und sein Nachfolger Johannes Rau hatten diese für Appelle in gesellschaftlichen Grundsatzfragen genutzt und dabei auch immer wieder der Politik ihre Forderungen ins Stammbuch geschrieben.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Für Köhler war es seine erste "Berliner Rede". Die Schule im Problembezirk Neukölln hatte er auch vor dem Hintergrund der Debatte über Problemschulen ausgewählt. Im Frühjahr hatte ein Hilferuf von Lehrern wegen Gewalt an der Berliner Rütli-Schule im selben Stadtteil eine Debatte über die Schulpolitik ausgelöst.

DPA · Reuters
Reuters/DPA

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