BND-Affäre BND muss die Finger von Journalisten lassen

Das Kanzleramt hat ein Machtwort gesprochen: Journalisten dürfen vom BND nicht mehr als Quellen oder Informanten benutzt werden. Unklar ist, ob die Anweisung auch für die anderen beiden Nachrichtendienste gilt.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) darf künftig bei der Suche nach undichten Stellen in den eigenen Reihen Journalisten nicht mehr als Quellen führen oder als Informanten benutzen. Eine entsprechende Anweisung hat das Kanzleramt erlassen, teilte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mit. "Das Bundeskanzleramt hat heute angewiesen, dass bei operativen Maßnahmen seiner Eigensicherung keine Journalisten als Quellen zu führen sind", sagte Wilhelm.

Journalisten im Auftrag des BND

Der BND hatte bis in das vergangene Jahr Journalisten benutzt, um undichte Stellen bei der Weitergabe von Geheim-Material zu finden. Dabei haben vereinzelt Journalisten im BND-Auftrag und teilweise gegen Bezahlung auch Informationen über Kollegen geliefert.

Unklar bleibt zunächst, ob diese Anweisung auch für die beiden anderen deutschen Nachrichtendienste - Verfassungsschutz und militärischer Abschirmdienst (MAD) - gilt. Die Maßnahme für den BND, für den das Kanzleramt die aufsichtsführende Behörde ist, gilt nur für den Eigenschutz. Der nur für die Auslandsaufklärung zuständige BND kann nur zu diesem Zweck im Inland tätig werden.

BND muss Stellung nehmen

Durch einen Bericht des ehemaligen Vorsitzenden Richters beim Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, war aufgedeckt worden, dass der BND jahrelang Journalisten bei der Suche nach undichten Stellen bespitzelt und beschattet hatte. Wilhelm wies darauf hin, dass das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) selbst entscheiden muss, ob der Rapport des Sonderermittlers veröffentlicht werden kann. Das PKG hatte Schäfer im Herbst vergangenen Jahres als Sonderermittler eingesetzt.

Wahrscheinlich schon an diesem Dienstag soll der BND im PKG zu dem Schäfer-Bericht Stellung nehmen. Nach Angaben des Regierungssprechers hat das Kanzleramt dem Auslandsgeheimdienst eine Frist bis Ende dieser Woche für diese Stellungnahme gesetzt. Erst danach könne über mögliche personelle Konsequenzen geredet werden, sagte Wilhelm. Er bekräftigte, dass die Bundesregierung die Vorfälle, die Gegenstand des Schäfer-Berichts sind, bedauere.

Ex-BND-Chef weist Vorwürfe zurück

Der frühere BND-Präsident Hansjörg Geiger hat bestritten, jemals einen Spitzeleinsatz gegen Journalisten veranlasst oder befürwortet zu haben. Er widersprach in der "Süddeutschen Zeitung" und in der "Berliner Zeitung" Darstellungen des ehemaligen Geheimdienstkoordinators im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer (CDU). Dieser hatte erklärt, Geiger habe im Dezember 1996 "angeordnet", "dass ein Journalist von der Abteilung 5 eingesetzt wird, um Abflüsse aus dem BND zu klären".

Geiger sagte der "Süddeutschen Zeitung", es habe in seiner Amtszeit "Abflüsse" aus dem Dienst gegeben und er habe Weisung erteilt, undichte Stellen zu stopfen. Es sei aber nie von der Überwachung von Journalisten die Rede gewesen. "Zu meinem Amtsantritt habe ich ausdrücklich verfügt, dass der BND keine Journalisten als Quelle führen darf. Und schon gar nicht zu dem Zweck, andere Journalisten auszuforschen", sagte Geiger der "Berliner Zeitung".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Details über das Privatleben

Unterdessen räumte der ehemalige "Focus"-Mitarbeiter Erwin Decker ein, dem BND Informationen über einen Kollegen weitergegeben zu haben. Er habe sich drei bis vier Mal mit dem damaligen BND-Sicherheitschef Volker Foertsch getroffen und ihm Details über das Privatleben des "Focus"-Redakteurs geliefert, sagte Decker dem Radiosender SWR1 Rheinland-Pfalz.

DPA
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