Pieper dementiert Verquickung
In der Bonusmeilen-Affäre gerät die FDP unter Druck. Generalsekretärin Cornelia Pieper wies am Freitag in Berlin Mutmaßungen zurück, die Liberalen steckten hinter der Ausforschung von Abgeordneten in der Affäre. Das ARD-Magazin »Kontraste« hatte berichtet, dem Bund der Steuerzahler (BdSt) liege eine Liste von Abgeordneten vor, die dienstliche Bonusmeilen für Freiflüge nutzten. Für diese Liste sei ein Mitarbeiter zuständig gewesen, der inzwischen für die FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag arbeite.
Pieper: Informant hat Erkenntnisse im Auftrag des Steuerzahlerbundes gewonnen
Pieper sagte, der neue Wirtschaftsreferent der von FDP-Vize Jürgen Möllemann geführten Düsseldorfer Landtagsfraktion habe seine Erkenntnisse im dienstlichen Auftrag des Steuerzahlerbundes gewonnen, für den er bis zum 31. Juli gearbeitet habe. Die Landtagsfraktion bestritt, Kenntnis von der Liste mit Abgeordneten zu haben, die Bonusmeilen der Lufthansa privat genutzt haben sollen. Ihre parlamentarische Geschäftsführerin Marianne Thomann-Stahl erklärte, die Verschwiegenheitspflicht des neuen Mitarbeiters Axel Müller über seine frühere Tätigkeit gelte »selbstverständlich auch gegenüber seinem neuen Arbeitgeber«.
Informant war bis zum 31. Juli BdSt-Mitglied
Bis zum 31. Juli sei Müller Leiter der Abteilung Ausgabenwirtschaft und Finanzpolitik des Präsidiums des BdSt gewesen. »In dieser Eigenschaft hat er den Schriftwechsel des BdSt über die Bonusmeilen von Bundestagsabgeordneten mit der Bundestagsverwaltung geführt«, offenbarte die FDP-Politikerin.
Müntefering: Illegal besorgtes Material weitergegeben
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering und Grünen-Parteichef Fritz Kuhn forderten Aufklärung von Möllemann. Der Mitarbeiter habe »offensichtlich illegal besorgtes Material« an die »Bild«-Zeitung weitergegeben, sagte Müntefering.
Steuerzahlerbund räumt Kontakte zur »Bild«-Zeitung ein
Der Steuerzahlerbund räumte Kontakte zur »Bild«-Zeitung ein. Es habe Gespräche mit dem Boulevardblatt gegeben, »bei denen deutlich wurde, dass es auch dort Hinweise auf den Missbrauch von Bonusmeilen« durch Bundestagsabgeordnete gegeben habe, erklärte das Vereinspräsidium. Es lehnte jedoch jede Verantwortung für die Veröffentlichung von Namen ab.
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Gespräche mit der »Bild«-Zeitung
Wörtlich heißt es in der Erklärung des Vereinspräsidiums weiter:
»Im Rahmen seiner üblichen Pressekontakte gab es auch Gespräche mit der Redaktion der ?Bild?-Zeitung, bei denen deutlich wurde, dass es auch dort Hinweise auf den Missbrauch von Bonusmeilen gab. Woher diese kamen und in welcher Form diese dort vorlagen, war und ist dem Bund der Steuerzahler nicht bekannt.«

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BdSt-Vizepräsident: Alle Parteien betroffen
BdSt-Vizepräsident Dieter Lau hatte in »Kontraste« erklärt, dass »Abgeordnete aller Parteien davon betroffen« seien. Dies gehe aus der seiner Organisation vorliegenden Liste hervor. Auf die Frage, ob die »Bild«-Zeitung mit derselben Liste arbeite, sagte er: »Ich nehme an, dass das aus derselben Quelle kommt.«
Auf private Nutzung von Bonusmeilen bereits 1997 hingewiesen
In der Erklärung heißt es, der Steuerzahlerbund habe seine Befürchtungen über einen Missbrauch der Bonusmeilen bereits im September 1997 in seiner Zeitschrift »Der Steuerzahler« veröffentlicht. Möglicherweise als Reaktion darauf habe der Ältestenrat des Deutschen Bundestages am 25. September 1997 »Verfahrensregeln zur Nutzung von Bonuspunkten aus dem Miles & More-Programm für Mandats- und Dienstreisen der MdB« beschlossen.
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Schröder wirft »Bild« Kampagne vor
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warf der »Bild«-Zeitung vor, mit ihren Enthüllungen über die Bonus-Meilen von Abgeordneten eine parteipolitische Kampagne zu betreiben. »Die Art und Weise, wie das gespielt wird, legt den Verdacht nahe, dass dahinter gezieltes politisches Wollen steht«, sagte der Kanzler am Donnerstag in der ARD. Ziel der »Bild«-Kampagne sei offensichtlich, die Opposition »davon profitieren lassen zu wollen«. Dies sei »ja nichts Neues«, schön sei es aber dennoch nicht, meinte Schröder.
Doris Schröder-Köpf: Berichterstattung der »Bild« nicht überparteilich
Auch Schröders Ehefrau Doris Schröder-Köpf bekräftigte ihre Kritik an der Berichterstattung. »Meine Kritik an ?Bild? ist, dass die Berichterstattung nicht überparteilich oder besser: unparteiisch gelaufen ist. Gerade so kurz vor wichtigen Wahlen hätte ?Bild? erst alle Fälle klären und dann zusammen in angemessenem Rahmen veröffentlichen müssen«, sagte sie der Zeitung.
Fuchs wirft Steuerzahlerbund politische Hetzjagd vor
Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs (SPD) warf dem Verband vor, gemeinsam mit der »Bild«-Zeitung eine politische Hetzjagd zu betreiben. Fuchs warf dem Steuerzahlerbund vor, mit der Liste Politik zu betreiben. »Das hat es, glaube ich, in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben. Und das wird auch Konsequenzen haben.« Ein Sprecher der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag bestätigte, dass der für die Flugdaten-Liste zuständige Mitarbeiter den Steuerzahlerbund verlassen hat und inzwischen für die FDP-Fraktion arbeitet.
Deutscher Presserat: Missbrauch der Rolle der Presse
Der Deutsche Presserat erklärte, die »Bild«-Zeitung müsse genau begründen, nach welchen Kriterien sie die Abgeordneten ausgewählt habe, die sie in der Flugmeilen-Affäre anprangere. »Jeder, der häppchenweise veröffentlicht im Wissen, dass er mehr Informationen hat, begeht im Zweifelsfall einen Verstoß gegen die allgemein gültigen Regeln für die Publizistik. Das wäre aus meiner Sicht ein Missbrauch der Rolle der Presse«, sagte Manfred Protze vom Presserat im Deutschlandfunk. Wer wie »Bild« von sich sage, er habe mehr Informationen über Betroffene, als er zunächst veröffentliche, der müsse auch begründen, warum er eine bestimmte Auswahl treffe und einige Informationen nicht veröffentliche. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Presserat auch ohne eine konkrete Beschwerde in diesem Fall tätig werde.
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Thierse kritisiert erneut Lufthansa
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erneuerte seine Kritik an der Lufthansa. Die Angaben könnten nur von ihr stammen, da nur die Lufthansa über Informationen verfüge, »wie wer wann welche Bonusmeilen wofür verwendet hat«, sagte der SPD-Politiker im Südwestrundfunk. Die Liste sei unter Verstoß gegen das Datenschutzgesetz zu Stande gekommen. Thierse wehrte sich gegen den Vorwurf, er habe die Lufthansa zum Verstoß gegen das Datenschutzgesetz aufgefordert. Er habe vielmehr »auf einen Rechtsbruch reagiert«.
Lufthansa weist Vorwürfe zurück
Die Lufthansa wies Vorwürfe des Datenmissbrauchs scharf zurück. Sprecher Klaus Walther betonte erneut, das Unternehmen habe keine Daten offiziell herausgegeben. Wie die Informationen über die Bonusmeilenkonten der einzelnen Abgeordneten an die »Bild«-Zeitung und den Bund der Steuerzahler gelangt seien, könne er sich nicht erklären. Eine interne Überprüfung habe keine Hinweise auf Sicherheitslücken ergeben.