Buchpräsentation 100.000 Mal Kohl

Altkanzler Kohl stellte am Mittwoch in Berlin den zweiten Teil seiner Memoiren vor - und hackte en passant ein bisschen auf den politischen Gegnern rum.

100.000 Exemplare sollen auf den Markt kommen und das ist erst der Anfang. Der Leiter des Droemer-Verlags, Hans-Peter Übleis, rechnet fest damit, dass noch zigtausende Bücher bis Weihnachten nachgedruckt werden müssen. Und dann, wenn das Geschäft so langsam verebbt, kommt Altkanzler Helmut Kohl auch schon mit dem nächsten Werk um die Ecke: Seine Memoiren sind auf drei Bände angelegt. Ein Rekordkanzler auf einer Rekordseitenzahl in Rekordauflage. Drunter geht's nicht.

Dieses Jahr also Band II - in diesem, rund 1000 Seiten starken Werk beschreibt Helmut Kohl seine ersten acht Jahre als Kanzler von 1982 bis 1990. Detailliert schildert er seine Auseinandersetzungen mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß und dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honnecker. Danach betrachtet er die Zeitläufte hin zur Wiedervereinigung - und spart nicht mit Seitenhieben auf seine damaligen Verhandlungspartner. Über Margret Thatcher schreibt er "Sie als Gegnerin zu haben, ist sehr unangenehm"; auch seinem "Freund" Francois Mitterand unterstellt er, die Wiedervereinigung nicht gewollt zu haben. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete der Erlanger Historiker Tilo Schabert diese Charakterisierung Mitterands als "Schmarrn", also Unsinn.

"Unglaubliche Geschichtsverfälschung"

Aber Helmut Kohl will seine Memoiren ja auch nicht als "Geschichtsbuch" verstanden wissen. Sie sollen vielmehr ein Nachschlagewerk für kommende Generationen sein, das mit den "unglaublichen Geschichtsfälschungen" aufräume, denen er ausgesetzt sei. Eine dieser Fälschungen sei, dass Gerhard Schröder behaupte, Kohls Kanzlerschaft sei von 16 Jahren Stillstand gekennzeichnet.

Damit war Kohl auf der Buchpräsentation in Berlin - obwohl er darauf eigentlich nicht eingehen wollte - auch schon bei der aktuellen Politik. Er ließ durchblicken, dass er die große Koalition für notwendig hält, den Rückzug Edmunds Stoibers für nicht ganz nachvollziehbar, den Rücktritt Franz Münteferings vom Parteivorsitz hingegen schon. Weitergehende Fragen von Journalisten bürstete er gewohnt harsch ab. "Dann stellen Sie doch die Frage richtig!", sagte er, oder: "Ich stimme mit Ihnen überhaupt nicht überein."

Abrechnung mit Norbert Blüm

Er sei, so Helmut Kohl, im Laufe der Jahre zurückhaltender und behutsamer in der Beurteilung von Menschen geworden. Das gilt aber offenbar nicht für solche, die sich seiner Meinung nach illoyal zu ihm verhalten haben. "Alles, was ich über Norbert Blüm schreibe, wird ihm nicht gefallen." Der langjährige Arbeitsminister hatte sich im Zuge der Parteispendenaffäre von seinem Idol Kohl losgesagt.

Melancholisch wurde Kohl, sobald er über seine verstobene Ehefrau Hannelore sprach. Sie habe ihn in ihrem Abschiedsbrief dazu ermuntert, die Memoiren zu verfassen. Wann Band III, der vorerst letzte, erscheinen wird, ließ Helmut Kohl offen.

lk mit Material von DPA und AP