Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble drängt seine Kabinettskollegen zu einem energischen Sparkurs. Die ersten Ressortentwürfe für den Bundeshaushalt 2011 seien viel zu hoch gewesen, kritisierte Schäuble in der Kabinettssitzung am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern. Nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums würden alle Ressort-Anmeldungen derzeit die bisherigen Haushaltsplanungen für die Jahre 2011 bis 2014 um neun Milliarden Euro übersteigen.
In einem Brief an alle Ressorts fordert das Finanzministerium deshalb ein Umsteuern: "Um die notwendigen Konsolidierungsbeträge tatsächlich gewährleisten zu können, erwarte ich von Ihren Häusern zunächst Einsparungen in Höhe von drei Milliarden Euro", schrieb Finanzstaatssekretär Werner Gatzer in einem Brief an die Staatssekretäre aller Ministerien. Dies sei aber nur ein "erster, kleiner Schritt". In den kommenden Wochen müsse über weitere Einsparungen gesprochen werden, warnte Gatzer. "Aus dem geltenden Finanzplan lassen sich (...) keine Besitzstände ableiten."
Höhere Einsparungen im Bundesetat 2011
Der Vorstoß des Finanzministeriums ist Teil eines mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Koalitionsspitze abgesprochenen Versuchs, im Bundesetat 2011 höhere Einsparungen durchzusetzen als dies durch die im kommenden Jahr erstmals wirkende Schuldenbremse nötig wäre. Danach müsste das strukturelle Defizit in den kommenden sechs Jahren um jeweils zehn Milliarden Euro abgebaut werden. Die Regierungsspitze strebt aber ein höheres Einsparvolumen schon im kommenden Jahr an.
Hintergrund der verstärkten Sparanstrengungen ist auch die europaweite Debatte um einen verschärften Stabilitätspakt. Da die Bundesregierung alle EU-Partner zu einem schnelleren Abbau der Haushaltsdefizite drängt, müsse auch Berlin mit gutem Beispiel vorangehen, hieß es in Regierungskreisen.
Konkrete Sparvorgaben aus dem Finanzministerium
Merkel hatte am vergangenen Wochenende in einem Gespräch mit etlichen Koalitionspolitikern das weitere Vorgehen besprochen. Die Regierung will in einer Kabinettsklausur am 6. und 7. Juni ihre Prioritäten für die Haushaltskonsolidierung festlegen. Das Kabinett soll den Entwurf des Etats 2011 und die mittelfristige Finanzplanung dann Ende Juni oder Anfang Juli beschließen. Als Tabu bei den Einsparungen hat die Kanzlerin dabei bisher nur den Bildungsbereich genannt. Auch im Brief des Finanzministeriums wird betont, dass bei den Sparanstrengungen "einzige Ausnahme die noch zu verteilenden zusätzlichen Mittel des 12-Milliarden-Euro-Programms für Bildung und Forschung" seien.
Finanzstaatssekretär Gatzer macht den Ressorts in seinem Brief konkrete Sparvorgaben. Die meisten Federn lassen muss danach das Verteidigungsministerium, das von 2011 bis 2014 auf 4,4 Milliarden Euro gegenüber dem bisherigen Haushaltsansatz verzichten soll. Vom Verkehrsministerium wird ein Sparbeitrag von insgesamt zwei Milliarden Euro erwartet. In beiden Häusern sollen die schärfsten Einsparungen aber erst ab 2012 beginnen. Kaum geschröpft wird dagegen etwa das Entwicklungsministerium: Es soll in den kommenden vier Jahren insgesamt nur auf rund 165 Millionen Euro gegenüber den alten Etatansätzen verzichten.