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Bundessozialgericht Hartz-IV-Kinder haben Anspruch auf ein Jugendbett

Das dreijährige Kind einer Hartz-IV-Empfängerin muss nicht mehr im Gitterbett schlafen. Der Mutter steht ein Jugendbett zu - und der Staat muss dafür aufkommen, urteilt das Bundessozialgericht.

Kinder von Hartz-IV-Familien müssen nicht mehr im Gitterbett für Kleinkinder schlafen. Den Eltern steht ein Jugendbett als Erstausstattung zu, wenn das Kinderbett zu klein wird. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel am Donnerstag entschieden. Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter aus Freiburg, weil ihr dreijähriger Sohn nicht mehr in das Gitterbett passte (Az: B 4 AS 79/12 R). In den Vorinstanzen war die Frau noch gescheitert.

Ein Jugendbett sei eine erstmalige Anschaffung und dem Grunde nach angemessen, urteilte das höchste deutsche Sozialgericht nun. "Der Kläger benötigt zum ersten Mal in seinem Leben ein größeres Bett", sagte der Vorsitzende Richter. Der Anwalt der Familie freute sich: "Das ist ein guter Tag für Kinder. Bei Dingen, die Kinder betreffen, sollte man nicht aufs Geld schauen," sagte Malte Crome.

Die Vertreterin des Jobcenters Freiburg hatte argumentiert, ein Jugendbett sei eine sogenannte Ersatzbeschaffung, da es ja ein Bett gebe: "Bett ist Bett." Im Hartz-IV-Satz seien monatlich 5,10 Euro für Möbel enthalten. Diese könnten angespart werden, denn die Anschaffung eines größeren Bettes sei absehbar. Dem folgte das BSG nicht und verwies den Fall zurück ans Landessozialgericht. Dieses muss nun klären, ob die Anschaffungskosten von 272 Euro angemessen waren.

Nach der Geburt eines Kindes erstattet das Amt Hartz-IV-Empfängern einmalig die Kosten für die notwendige Ausstattung für den Säugling, zum Beispiel Möbel und Kleidung. Alle weiteren Kosten müssen die Empfänger aus dem Regelsatz decken. "Ich kann mein Kind nicht ein Leben lang im Babybett schlafen lassen", hatte die 41-jährige Alleinerziehende argumentiert.

41 Prozent der Alleinerziehenden erhält Hartz IV

Das BSG habe sich auf die Seite der Alltagsvernunft gestellt und Nähe zur Lebenswirklichkeit der Menschen bewiesen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Der Verband hatte mehrfach eine "überzogene Pauschalierung" in den Regelsätzen kritisiert: "Das Urteil ist ein Beleg für das Scheitern des Pauschalierungswahns in Hartz IV."

Durch die Entscheidung des BSG könnten auf den Staat Mehrkosten zukommen. Es werde aber wohl keine Kostenlawine sein, sagte Crome. "Das ist eines der letzten Dinge, die noch nicht geklärt waren." 2010 hatte das BSG geurteilt, dass Kleidung für Hartz-IV-Kinder aus dem sogenannten Regelsatz zu bezahlen ist. Wenn Schüler aus Hartz-IV-Familien aber erstmals einen Schreibtisch mit Stuhl brauchen, gilt dies als Erstausstattung und wird vom Amt bezahlt.

41 Prozent der Alleinerziehenden erhalten Hartz IV, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund ermittelt. Jedes fünfte Kind in Deutschland wachse bei nur einem Elternteil auf. Das Armutsrisiko sei hier besonders groß.

brü/DPA DPA

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