Nach der gescheiterten Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht und Streitigkeiten in der schwarz-roten Koalition schlägt die SPD-Bundestagsfraktion nun eine neue Kandidatin für Karlsruhe vor: Sigrid Emmenegger. Das geht aus einem gemeinsamen Schreiben der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer von CDU und SPD hervor, das dem stern vorliegt.
"Frau Dr. Emmenegger kann auf eine lange und erfolgreiche Praxiserfahrung an verschiedenen Verwaltungsgerichten sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht zurückblicken", schreiben Dirk Wiese (SPD) und Stefen Bilger (CDU).

Zuletzt hatte die SPD immer wieder betont, eine Wiederholung der – vor der Sommerpause kurzfristig abgesetzten – Richterwahl im September anzustreben. Vorher muss die Kandidatin für Karlsruhe vom Richterwahlausschuss im Bundestag bestätigt werden.
Die SPD schlägt Emmenegger, seit 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht, als Ersatz für Frauke Brosius-Gersdorf vor, für die es vor der Sommerpause keine Mehrheit in der Unions-Fraktion gegeben hatte. Die Fraktionsführungen hätten jeweils in persönlichen Gesprächen ein "sehr positives" Bild von Emmenegger gewonnen und seien von ihrer "persönlichen und fachlichen" Eignung für das Amt überzeugt, heißt es. Weitere Hinweise zum Verfahren sollen demnach folgen.
Vor der Sommerpause hatte die schwarz-rote Koalition die Abstimmung über drei Richterposten verschieben müssen, weil die CDU/CSU-Fraktion in Teilen Brosius-Gersdorf nicht mehr zustimmen wollte. Brosius-Gersdorf verzichtete nach einer mehrwöchigen öffentlichen Debatte schließlich auf ihre Kandidatur.
Der Vorgang hatte eine Krise in der noch jungen Koalition ausgelöst, weil die Unionsspitze ihre Zusage für Brosius-Gersdorf erst am Tag der angesetzten Wahl zurückgenommen hatte. In der SPD wird es zudem als Fehler von Kanzler Friedrich Merz bezeichnet, dass dieser die geheime Wahl eine "Gewissensfrage" genannt hatte. Dies könne künftige Abstimmungen erschweren.
Sigrid Emmenegger statt Frauke Brosius-Gersdorf
Die Richterinnen und Richter müssen mit einer Zweidrittel-Mehrheit vom Parlament geheim gewählt werden. Dies setzt voraus, dass die Koalition auch Gespräche mit den Grünen und der Linkspartei führt. Die CDU hat aber einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD und der Linkspartei, weshalb Gespräche mit den Linken über die SPD geführt werden müssen. Die Linken pochen als Bedingung für eine Zustimmung auf direkte Gespräche auch mit der Union und wollen bei künftigen Besetzungen für das Gericht in Karlsruhe ebenfalls berücksichtigt werden.

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Die Grünen lassen eine Zustimmung zu der Personalie noch offen. "Auch uns hat ein Name für eine vorzuschlagende Person erreicht, wir werden uns jetzt zeitnah dazu austauschen", sagte Fraktionschefin Britta Haßelmann dem stern. Sie zeigte sich pikiert über das Vorgehen von Schwarz-Rot. "Dass man nicht auf unsere Rückmeldung wartet, ist reichlich unprofessionell angesichts der Vorgeschichte.“
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte am Dienstag gesagt, dass er mit der Wahl neuer Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht noch im September rechne.